Meine letzte Rede im Abgeordnetenhaus: Zum FDP-Antrag „Die Zukunft des Einzelhandels gestalten“ (16.9.2021)

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren!

Über diesen FDP-Antrag haben wir heute vor vier Wochen bei der ersten Lesung bereits ausführlich debattiert und auch im Wirtschaftsausschuss in dieser Woche die Argumente noch einmal ausgetauscht. Neue Erkenntnisse haben sich meines Erachtens aber nicht ergeben.

Es bleibt dabei, dass die FDP in einer bemerkenswert dirigistischen Formulierung fordert, die „Zukunft des Einzelhandels zu gestalten“, was normalerweise eigentlich Aufgabe der Unternehmen und ihrer Verbände sein sollte.

Doch wer nun gehofft hat, die FDP erkenne endlich die wichtige Rolle des Staates bei der Gestaltung der städtischen Infrastruktur und in der Daseinsvorsorge, sieht sich bei Lektüre der einzelnen Vorschläge doch enttäuscht. Unbestritten ist für die Lebensqualität in den Kiezen ein gut erreichbares Angebot an Waren und Dienstleistungen ebenso entscheidend wie soziale und medizinische Infrastruktur, und auch kulturelle Angebote dürfen nicht fehlen!

Doch die FDP kümmert es überhaupt nicht, wenn Einzelhandel, soziale oder kulturelle Einrichtungen unter der Last überhöhter Gewerbemieten in den Innenstädten zusammenbrechen und verdrängt werden – denn das Recht auf grenzenlose Profite der Vermieter steht ja für diese Partei unangefochten an erster Stelle.

Daher kommt die FDP nun stattdessen mit ihren alten Kamellen wie der völligen Freigabe der Ladenöffnungszeiten auch am Sonntag oder ihrer rückwärtsgewandten Verkehrspolitik einer autogerechten Stadt –  so als wäre ein Einkauf ohne Auto überhaupt nicht denkbar. Und der wirklich eigenartige Vorschlag, die Definition für ‚Großflächigen Einzelhandel‘ von 800 auf 1200 Quadratmeter vergrößern zu wollen, trägt ganz sicherlich nicht dazu bei, die Innenstädte als Standorte für den Einzelhandel zu stärken, sondern setzt kleinere Geschäfte zusätzlichem Druck aus.

Wir werden daher der Beschlussempfehlung des Wirtschaftsausschusses folgen und den Antrag hier ablehnen!

 

Für mich ist dies nun die letzte Rede in diesem Parlament. Über vier Legislaturperioden hatte ich die Ehre, dem Berliner Abgeordnetenhaus anzugehören –  viermal direkt gewählt durch die Bürgerinnen und Bürger in meinem Wahlkreis im Herzen der City-West, deren Interessen ich hier vertreten durfte.

Ich erinnere mich noch an meine erste Rede 2002 in diesem Hohen Haus, in der es um die Konzepte der Hartz-Kommission ging, die gerade in der Öffentlichkeit vorgestellt worden waren. Noch nichts war in Gesetze gegossen und ein Begriff wie „Hartz IV“ noch fern. Dieses Beispiel führt aber vor Augen, wie sich die Einschätzungen und Erfahrungen im Laufe eines längeren Prozesses wandeln können und jede Zeit ihre eigenen Antworten und manchmal auch Korrekturen erfordert!

Jede meiner vier Legislaturperioden war anders – und drei verschiedene Konstellationen habe ich in den zwanzig Jahren als Mitglied der jeweiligen Regierungskoalition miterlebt. Auch hier habe ich die Erfahrung gemacht, dass Dinge in der Praxis oft anders aussehen, als vorab manchmal gedacht, und die Zusammenarbeit in einer Koalition , die vielleicht vorher als gar nicht so naheliegend erschienen war, gut funktionieren kann, während eine Wunschkoalition sich im täglichen Kleinklein auch als mühsam erweisen kann.

Ich hatte in den zurückliegenden zwanzig Jahren ein gutes Verhältnis zu Kolleginnen und Kollegen aus allen demokratischen Fraktionen. Übrigens saß ganz rechts, von hier aus gesehen, nur in dieser Legislaturperiode eine Partei, die auch politisch dorthin gehört. In der vorigen Wahlperiode saßen dort noch die Piraten mit ihren oft spaßigen Einfällen, und auch in den zehn Jahren 2001 bis 2011 saß dort eine Spaßpartei, als die sich die FDP unter ihrem damaligen Fraktionsvorsitzenden nämlich oft darbot. Insofern ist der hier zur Debatte stehende FDP-Antrag, um darauf noch einmal kurz zurückzukommen, schon ein Fortschritt: Der Spaßcharakter des Antrags erschließt sich nicht gleich auf den ersten Blick, sondern erst bei genauerer Lektüre der Vorschläge.

Aber Spaß beiseite – ich stehe hier und kann doch anders! In Zukunft werde ich mich an anderer Stelle politisch weiter einbringen und hoffentlich auch Zeit für mir wichtige Dinge finden, die in den zurückliegenden zwei Jahrzehnten vielleicht etwas kurz kamen. Insofern scheide ich mit einem weinenden, aber auch einem ziemlich lachenden Auge. Es waren gute zwanzig Jahre, in denen wir unter den Regierenden Bürgermeistern Klaus Wowereit und Michael Müller viel für Berlin erreichen konnten. Gerade in meinen beiden Schwerpunktgebieten Wirtschaft und Kultur steht Berlin doch national wie international ganz anders da, als noch zu Beginn des Jahrhunderts –  und auch der Einschnitt durch Corona in den letzten anderthalb Jahren wird hoffentlich bald überwunden sein.

Ich bedanke mich ganz herzlich bei allen Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen, natürlich insbesondere auch meiner Fraktion, sowie bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Hauses, die mir stets freundlich und kompetent begegnet sind!

Auf ein Wiedersehen hier und andernorts!

Plenarrede vom 17.06.2021 zum Müll-Antrag der AfD

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren!

Die AfD-Fraktion entdeckt nun offenbar das Genre der Pulp Fiction, zu Deutsch: der »Müll-Dichtung« für sich, um zumindest einmal nicht nur im metaphorischen Müll zu wühlen. Dass sie sich dabei nicht enthalten kann, auf andere mit Begriffen wie Verwahrlosung zu werfen, versteht sich bei dieser Partei fast von selbst und hat dabei wenig mit Oppositionsarbeit zu tun. Im Gegenteil zeugt schon der Antragstitel von der Verwahrlosung der parlamentarischen Sitten bei der AfD.

Das wirklich Ärgerliche an Ihren Anträgen – und so auch bei diesem – ist in der Tat die aus Ihrer geistigen und intellektuellen Verwahrlosung resultierende schludrige Bestandsaufnahme und unsaubere Argumentation, mit der man sich hier leider zu befassen hat. Da ich also nicht umhinkomme, zu Ihrer Pulp Fiction ein paar Worte zu verlieren, gehen wir mal zur argumentativen Mülltrennung über. (mehr …)

Plenarrede: Museen öffnen?

Frau Präsidentin,

meine sehr verehrten Damen und Herren!

Über Lockerungen der Beschränkungen, die der Bekämpfung der Pandemie dienen, wird öffentlich nachgedacht seit uns dieses verflixte Virus im Griff hat. – „Wer darf ab wann wieder was?“ – das sind die W-Fragen, die uns alle dabei umtreiben.

Und heute denken wir auf AfD-Antrag über die Öffnung von Museen öffentlich nach. Zumindest scheint dies so. Aber auch diesmal kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass es um parlamentarisches Nachdenken gar nicht geht, sondern schlicht darum, das Parlament irgendwie zu beschäftigen und von der eigentlichen Arbeit abzuhalten.

Sie stellen in Ihrem Antrag und dessen Begründung teilweise Dinge fest, denen man zustimmen könnte – das ist bei AfD-Anträgen ja nicht so häufig der Fall – , aber es wäre auch schön, wenn Ihre Anträge mal etwas Stichhaltiges zu den durchaus wichtigen Fragen beitragen würden. Nur leider ist dies auch diesmal nicht der Fall. (mehr …)

Plenarrede zur Sicherung der Berliner Mauerreste

Frau Präsidentin,
meine sehr verehrten Damen und Herren!

Lassen Sie mich eingangs schildern, wie sehr dieses Bauwerk Berliner Mauer mein persönliches Leben begleitet hat.

Ich war gerade erst vier Jahre alt, als bei meinen Großeltern gegenüber auf der anderen Straßenseite die Fenster und Türen der vierstöckigen Wohnhäuser zugemauert wurden. Meine Großeltern wohnten auf der politisch „westlichen“, d.h. geographisch nördlichen Seite der Bernauer Straße, und ich sah als Kind voller Unverständnis, wie dort gegenüber ein „Vopo“ Spielsachen und Gegenstände aus Fenster warf, die doch jemandem gehören mussten – für uns West-Berliner waren alle DDR-Uniformierten immer „Vopos“, muss man vielleicht dazu sagen.

Ich erlebte, wie die zugemauerten Häuser vier Stockwerke hoch über mehrere Jahre die Grenze zwischen Ost- und West-Berlin bildeten, irgendwann Mitte der 60er Jahre auf Erdgeschosshöhe abgerissen wurden, und wie dann im Sommer 1980 eine „moderne Mauer“ mit Betonröhre oben drauf an ihre Stelle trat.

Diese Mauer fiel zum Glück knapp zehn Jahre später – zunächst fiel sie im November 1989 politisch, aber im darauffolgenden Jahr dann auch bald materiell. (mehr …)

Plenarrede zu schnellen Überbrückungshilfen / Stufenkonzept Corona-Maßnahmen in der Aktuellen Stunde am 11. Feb. 2021

Herr Präsident,
meine sehr verehrten Damen und Herren,

die FDP gibt sich heute mal gebildet und formuliert als Thema der Aktuellen Stunde:  »Wenn das Warten auf Novemberhilfen zum Warten auf Godot wird!« Nun möchte ich bezweifeln, dass dieser Titelwahl eine nähere Beschäftigung mit dem Theaterstück um Wladimir und Estragon vorausgegangen ist. Sonst wäre vielleicht sogar Herrn Czaja aufgefallen, dass das Bild etwas schief ist, weil der Zwang zu langem und vergeblichem Warten, der hier wohl gemeint sein soll, gerade nicht das Thema war, das Samuel Beckett im Sinn hatte.

Doch hiervon mal abgesehen hat der Bund die Geduld der Unternehmen, die zeitig ihre Anträge auf die November- und Dezemberhilfen des Bundes gestellt haben, tatsächlich auf eine harte Probe gestellt. Die ersten Auszahlungen der beantragten Novemberhilfen konnten in Berlin durch die IBB erst erfolgen, nachdem sie vom Bund dazu in die Lage versetzt worden war, da alle Anträge über die Plattform des liefen – also ab dem 12. Januar.  Seitdem gehen die Bearbeitung der Anträge sowie die Auszahlung der Gelder aber zügig voran.

Das eine oder andere vom Lockdown betroffene Unternehmen hat seinen Unmut über die Verzögerung öffentlich kundgetan oder aber, wie die IBB am Dienstag in einer Online-Infoveranstaltung mitteilte, per Mail versucht, die Bearbeitung des eigenen Antrags voranzubringen. Mit Blick auf die ca. 5.000 Mails richtete IBB-Chef Jürgen Allerkamp gestern einen Appell an die Antragssteller: »Bitte beanspruchen Sie für sich keinen Extraweg«. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Investitionsbank Berlin tun ihr Möglichstes, um den Stau der Antragsbearbeitung aufzulösen, und arbeiten teilweise auch nachts. Dem gebührt hier unsere Anerkennung! (mehr …)

Rede zur Aktuellen Stunde: »Weitere wirksame Corona-Hilfen für Berlins Bevölkerung und Wirtschaft«

Herr Präsident!

Meine sehr verehrten Damen und Herren!

Herr Gräff, Sie haben oft das Wort »Skandal« in Ihrer Rede benutzt. Skandalös und von Unwissenheit geprägt ist Ihre Rede gewesen!

Damit ist wirklich keinem Unternehmen geholfen, dass Sie sich hier in dieser Weise produzieren. Auch nicht damit, dass Sie die Bundesebene sozusagen aufspalten. Ich hatte in meinem Redemanuskript den Namen Altmaier bisher gar nicht stehen, aber wenn Sie nun dermaßen einseitig auf Ressorts in der Bundesregierung hinweisen, die daran schuld sein sollen, muss man natürlich sagen: Herr Altmaier ist tatsächlich der für die Wirtschaft verantwortliche Minister.

Wenn Sie konstatieren, dass wir uns natürlich Kongresse wünschen, dass wir wollen, dass Gastronomie öffnet, dass Veranstaltungen stattfinden: Ja, das wollen auch wir alle.

Ich will mal kurz erklären, was Ihnen vielleicht entgangen ist: (mehr …)

Plenarrede zum Corona-Krankenhaus in der Messe Berlin

Plenarrede zum Corona-Krankenhaus in der Messe Berlin (01.10.2020)

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren!

Die Nachrichten der letzten Tage und Wochen sind besorgniserregend: Die Zahl der Neuinfektionen mit dem Corona-Virus steigt, 288 neue Fälle wurden allein gestern Nachmittag für Berlin gemeldet. Wir befinden uns nach wie vor mitten in einer Pandemie und die sog. zweite Welle baut sich gerade vor unseren Augen auf – oder mit den Worten des Virologen Christian Drosten: Wir sind die zweite Welle.

Und gerade in dieser Situation stellt die AfD-Fraktion den Antrag, doch, bitteschön, das Corona-Krankenhaus auf dem Messegelände wieder abzubauen. Es sei nämlich im Weg, und zwar der Bahntechnologie-Leitmesse INNOTRANS, die nach Verschiebung in diesem Jahr nunmehr im Frühjahr 2021 stattfinden soll.

Man hofft in der Antragsbegründung darauf, mit der INNOTRANS die Berliner Wirtschaft zu revitalisieren und auf einen „Neustart des Messewesens“. Man wünscht sich wieder die Welt zu Gast in Berlin. – Ja, das wünschen wir uns alle! Das Problem liegt allerdings darin, dass Wunsch und Wirklichkeit sich angesichts steigender Fallzahlen und dem noch immer fehlenden Impfstoff derzeit nicht zur Deckung bringen lassen. Die wirtschaftlichen Vorzüge, die das Messewesen für Berlin hat, ist der IBB-Studie ja zu entnehmen, die Sie hier zur Begründung heranziehen. Nur kommt darin die Pandemie-Situation natürlich nicht vor, doch sie ist nun mal Realität und sie verschwindet auch nicht, indem Sie auf Material aus der Zeit davor zurückgreifen.

Tatsächlich geht es der AfD aber auch gar nicht um die INNOTRANS als Messe und Wirtschaftsfaktor, wie sie es in der Antragsbegründung vorschiebt. Die INNOTRANS muss herhalten, weil sie in eben jenen Messehallen stattfinden soll, in denen sich nun das Corona-Krankenhaus befindet. Es ist ja schon fast drollig, wie die AfD formuliert: „Auf der Messe derzeit aufgebaute Corona-Behandlungskapazitäten können auch an anderer Stelle aufgebaut bzw. umgesetzt werden.“ Als ob es sich um ein Ausstellungsstück handle, das man leicht versetzen kann, eine Art Mahnmal an eine überwundene Pandemie, das einer weiteren wirtschaftlichen Prosperität nun im Wege stünde. Welchen vernünftigen Grund könnte es geben, dass Berlin noch einmal Geld in die Hand nimmt, um Platz für eine Messe zu schaffen, die unter den gegenwärtigen Bedingungen die von Ihnen angeführten Besucherzahlen gar nicht generieren kann?

Bezeichnend an dem Antrag ist vor allem die Realitätsverweigerung, die aus fast jeder Zeile spricht. Als ob es die Pandemie nicht gäbe, sondern lediglich die Maßnahmen der Bundesregierung und des Senats. Ich weiß, dass es zahlreiche Verschwörungstheoretiker gibt, die der absurden Vorstellung nachhängen, die Pandemie diene nur als ein vorgeschobenes Argument für die Einschränkung von Freiheitsrechten und mittelständischer Wirtschaft im Interesse von Pharmakonzernen, Bill Gates oder sonstiger böser Mächte.Solche abstrusen Theorien können für uns im Berliner Abgeordnetenhaus keineswegs Richtschnur des politischen Handelns sein.

Der Antrag, das Corona-Krankenhaus abzubauen, lässt vielmehr die Beunruhigung der AfD-Fraktion durch die Realität erkennen: Das Corona-Krankenhaus soll als Symbol für ihre verdrängte Furcht beseitigt werden. An seine Stelle soll die Planung der Messe, d.h. der Zukunft rücken. Die Zukunft ist an sich ja unbekannt und damit beunruhigend, und die Planung einer Veranstaltung mag als eine Art Ausweichhandlung subjektiv beruhigen, weil es scheint, als hätte man die Zukunft im Griff. Aber man muss auch reagieren können auf Gegenwärtiges, das nun die ursprüngliche Planung beeinflusst, ob es einem gefällt oder nicht. Falls die INNOTRANS 2021 nicht stattfinden kann, dann sicherlich nicht wegen der fehlenden Messehallen, sondern wegen der Pandemie – das sei im Übrigen auch der FDP gesagt, die mit ihrem Änderungsantrag ja nichts substantiell am Ursprungsantrag ändert !

Ich danke für die Aufmerksamkeit!

Plenarrede vom 17.09.2020: Berlins Kultur sicher durch die Krise bringen

Herr Präsident,

meine sehr verehrten Damen und Herren,

es ist zweifelsohne eine äußerst unglückliche Fügung, dass sowohl das Coronavirus als auch die Kulturlandschaft auf Veranstaltungen mit Menschenansammlungen angewiesen sind. Nur dort, wo viele Menschen zusammenkommen, findet die massenhafte Verbreitung des Virus statt. Viele Menschen möchte aber auch die Kultur erreichen – sei es in Opern, Theatern, Konzerten, Museen in Kinos oder Clubs. Und daher ist ausgerechnet die Kulturbranche, welche die DNA dieser bunten, lebendigen und vielfältigen Stadt so wesentlich prägt wie kaum eine zweite, durch diese Corona-Krise betroffen.

Öffentlich geförderte Kulturinstitutionen sind durch Einnahmeausfälle aufgrund ausgefallener Veranstaltungen betroffen – ihre Spielzeit 2019/20 endete ja Anfang März. Die Folgen für ihre Wirtschaftspläne und für den Landeshaushalt werden erst gegen Ende des Jahres genau zu beziffern sein. Wobei natürlich auch der nun vorsichtig wieder angelaufene Spielbetrieb unter Corona-Bedingungen längst nicht die für die zweite Jahreshälfte veranschlagten Zahlen erreichen wird.

Private Kulturinstitutionen und selbstständige Kunstschaffende leiden aber besonders unter dem Wegbrechen ihrer Arbeitsmöglichkeiten und sind im letzten halben Jahr unverschuldet in existenzbedrohliche Situationen geraten.

Hier konnte die Berliner Politik nicht tatenlos zusehen, hat auch nicht tatenlos zugesehen, sondern schneller als jedes andere Bundesland bereits im März mit den Soforthilfeprogrammen I und II unbürokratisch Unterstützung für Soloselbständige und Kleinstunternehmen bis zu zehn Beschäftigten geleistet. Mit der Soforthilfe IV folgten dann im Mai private Institutionen und Unternehmen mit mehr als zehn Beschäftigten, sofern sie sich in Liquiditätsschwierigkeiten befanden. Hier profitierten Kabaretts ebenso wie Kinos, Veranstaltungsorte der freien Szene oder die Urania Berlin. Die Fortsetzung 2.0 der Soforthilfe IV ist gerade in der Bewilligung, und weitere Schritte werden folgen.

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Plenarrede contra AfD-Antrag (U-Bahnhof „Mohrenstraße“)

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren,

als die Nachricht vom offenbar rassistisch motivierten Mord an George Floyd im Mai dieses Jahres um die Welt ging, reagierten nicht nur US-Amerikaner, sondern auch Berlinerinnen und Berliner: Am Eingangsschild des U-Bahnhofs Mohrenstraße war der Namensteil „Mohren-“ überklebt worden mit „George Floyd“. Diese kurzfristige Verwandlung von „Mohrenstraße“ in „George-Floyd-Straße“ war Ausdruck des globalen Protests gegen Rassismus, die Gesellschaften werden empfindlicher und die Stimmen dagegen gewinnen an Gewicht. Die „Umbenennung“ bzw. Tilgung des Wortteils „Mohren“ formuliert gleichzeitig den Wunsch nach einer Tilgung des Rassismus, den die Plakatkleber offenbar in dem Wort „Mohr“ wahrnehmen. Damit sind sie nicht allein. Und so können wir seit einiger Zeit eine breit geführte gesellschaftlich-mediale Debatte verfolgen, die das Thema Rassismus über die Forderung nach Umbenennung problematischer Straßennamen widerspiegelt, wie bspw. im Afrikanischen Viertel in Berlin.

Die BVG sieht sich nicht erst seit dem Plakat an einem ihrer U-Bahnhöfe als Teil der gesellschaftlichen Debatte, sondern nimmt v.a. über die Social-Media-Kanäle rege daran teil. Somit hat sie auch im Nachklang der George-Floyd-Debatte versucht, ein Zeichen zu setzen und die Umbenennung des fraglichen U-Bahnhofs bekanntgegeben. Dieser Vorstoß ist, wie Sie der Presse Anfang Juli entnehmen konnten, nach Intervention des Senats vorerst vom Tisch und der Ausgang ist wieder offen, denn in die Entscheidung werden die Berlinerinnen und Berliner, vor allem die Anrainerinnen und Anrainer, einbezogen.

Dies, meine Damen und Herren, ist gelebte Demokratie! Und nicht etwa das, was die AfD-Fraktion mit ihrem Antrag fordert, nämlich über die Köpfe aller Beteiligten hinweg zu entscheiden, (– ich zitiere –) „Der U-Bahnhof Mohrenstraße muss seinen Namen behalten“.

Muss? – Zunächst einmal kann ich keinen zwingenden Grund erkennen, warum ausgerechnet diese Bezeichnung des vielfach umbenannten Bahnhofs „die Berliner Geschichte achten“ soll – bis 1950 hieß er Kaiserhof, bis 1986 dann Thälmannplatz und dann bis 1991 Otto-Grotewohl-Straße – , und somit gibt es hier auch nichts zu müssen!

Vielmehr klingt das nach einem autoritären Machtwort, das die AfD zu sprechen wünscht. Und daraus wiederum – wie aus der Antragsbegründung selbst – spricht gerade jenes „zweifelhafte Demokratieverständnis“, das die AfD gerne anderen vorwirft.

Der Antrag kommt in einem verbrämten Herrschaftsgestus daher, der einen wahren Demokraten das Gruseln lehrt: Der Name Mohrenstraße müsse bleiben, um „die Erinnerung (!) an Minderheiten (zu) wahren“ heißt es. Hier werden sprachlich nicht nur Minderheiten als solche hergestellt, sondern auch noch eine Erinnerung an sie beschworen, als seien diese selbst längst Geschichte! Da kann es einem doch – in Erinnerung an finstere Zeiten – wirklich kalt den Rücken runterlaufen!

Wenn hier ein Demokratieverständnis zweifelhaft ist, dann das der AfD-Fraktion, meine Damen und Herren!

Der krude und sehr eigene Umgang mit deutscher Geschichte ist aber für die AfD charakteristisch. Und wieder einmal betätigt sich die AfD als eine quasi  „Historische Kommission“ oder ein Philologengremium in dem Versuch, den Antrag zu begründen. Man will feststellen, dass es „keine historisch begründeten Argumente für eine rassistische Konnotation der Straßenbezeichnung“ gebe. Das ist doch blanker Unsinn! Ob ein Wort, ein Begriff eine solche Konnotation hat, hängt nicht von der Geschichtsschreibung ab, sondern von der Sprache bzw. von denen, die sie sprechen. Der Wortschatz einer Sprache – mit allen Denotationen und Konnotationen – hat ihren Ort nicht in irgendwelchen Wörterbüchern oder gar Geschichtsbüchern, sondern in den Köpfen der Sprachgemeinschaft. Darum wandelt sich Sprache auch beständig, neue Wörter werden gebildet, Bedeutungen verändern sich und das nicht zuletzt, weil Konnotationen hinzukommen oder sogar zur eigentlichen Bedeutung werden. Sprache ist kein Geschichtsbuch und wenn das veraltete Wort Mohr für viele Menschen eine rassistische Konnotation hat, dann ist das so. Und zum Glück sind wir so freiheitlich-demokratisch, dass diese Wahrnehmung auch öffentlich artikuliert werden kann und ein gesellschaftlicher Diskurs entsteht.

Es kann nicht Sache des Parlaments sein, in diesem Diskurs die Deutungshoheit übernehmen zu wollen, indem wir den Menschen buchstäblich vorschreiben, wie sie den Begriff Mohr zu verstehen haben.

Daher plädiere ich nachdrücklich dafür, diesen Antrag abzulehnen.


Die Rede kann beim RBB hier aufgerufen werden.

 

Plenarrede contra FDP-Antrag zu Corona-Hilfen

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren,

die FDP legt hier heute einen Antrag vor, der vorgibt, sich für die Belange der Wirtschaft einzusetzen. Auf Drucksache 18/2675  »Corona-Hilfen zielgenauer mit Umsatzausfallzahlungen vom Finanzamt« fordert die FDP, dass die Finanzämter direkt anhand der Umsatzergebnisse des letzten Jahres den Unternehmen monatlich 1/12 des Vorjahresumsatzes überweisen sollen. Im Duktus ähnlich abstruser Vorschläge geht der Antragstext weiter. Die Unternehmen, die das Geld nicht benötigen, sollen es dann unaufgefordert wieder dem Fiskus zurücküberweisen. Gerade haben Sie sich hier noch in der Aktuellen Stunde aufgeplustert und Steuerverschwendung angeprangert – und dann legen Sie solch einen Antrag vor?

Ich habe den Eindruck, bei der FDP liegen die Nerven blank, weil politisch betrachtet der Pleitegeier über ihr schwebt – um ihre Terminologie aus der Aktuellen Stunde noch einmal zu bemühen. Natürlich ist es für eine marktliberale Partei wie die FDP, die ständig predigt, der Markt richte alles am besten und der Staat solle sich gefälligst rauszuhalten, eine traumatische Erfahrung, wenn nun plötzlich alle nach dem Staat rufen. Große Konzerne wie TUI oder die Lufthansa tun dies ebenso wie die hippe Start-up-Szene, der sich die FDP sonst so gerne zu bemächtigten sucht. Ich denke da z. B. an den großen FDP-Strategen Christian Lindner, der mit seinem Handy wichtigtuerisch auf Wahlplakaten posiert, als wäre er selber schon so etwas wie ein Start-up-Unternehmer.

Also bei aller Wertschätzung, ich bin gelinde gesagt mehr als verwundert über diese Vorschläge, die einem fiskalischen Himmelfahrtskommando gleichen. Wenn man weiterliest, soll der Fiskus sogar zu hohe Gewinne der Unternehmen  »zu 100% abschöpfen«. Also aus meiner Sicht käme dies einer Enteignung gleich und ist mit unserem Grundgesetz nicht vereinbar. Stünde da nicht FDP über dem Antragstext, könnte man eher eine kommunistische Splittergruppe der Autorenschaft verdächtigen.

Und daher möchte ich mal fragen: Wo ist denn die immer wieder beschworene wirtschafts- und finanzpolitische Kompetenz der FDP an dieser Stelle? Und wie sieht es mit dem Datenschutz aus, der von der FDP sonst sogar zu Recht hochgehalten wird.

Was sagen denn Ihre Datenschutzexperten, liebe FDP,  zu dem Vorschlag, dass das Finanzamt, weil es ja schon mal die gesamten Daten der Unternehmen hat, auch gleich als Zentralbehörde Wirtschaftshilfen auszahlen sowie Gewinne abschöpfen soll? Im Übrigen sind die Landesfinanzbehörden nach Artikel 108 Absatz 2 Satz 1 Grundgesetz für die Verwaltung von Steuern zuständig, nicht für die Verwaltung der Wirtschaftsförderung.

Ich weiß gar nicht, ob man überhaupt seriös auf einen solchen Vorschlag reagieren muss. Die begrenzte Redezeit lässt mir jedenfalls hierfür nicht viel Zeit. Aber ich will mal kurz eine Übersicht geben, was wir Sinnvolles im Bereich der Corona-Hilfen schon tun.

Die Finanzämter übernehmen im Zusammenhang mit der Corona-Krise bereits viele Aufgaben: Die Stundung von Steuerlasten kann beantragt werden, die Vorauszahlungen der Einkommenssteuer, der Gewerbe- und Körperschaftssteuer kann angepasst werden,

Fristverlängerungen für Steuererklärungen werden großzügig bewilligt und die gewährten Corona-Hilfen sind gewinnwirksam zu berücksichtigen. Insofern ist mittelfristig auch dem Missbrauch und der Trittbrettfahrerei ein Riegel vorgeschoben.

Wichtig ist nämlich vor allem: Unsere Corona-Hilfen sind schnell, unbürokratisch und wirkungsvoll. Das haben alle Wirtschaftsverbände auch anerkannt. Die Abwicklung der Programme über die IBB hat sich bewährt.

Von den Zahlen her treibt der Antrag, wenn man ihn tatsächlich umsetzen wollte, besonders absurde Blüten.  Grob gerechnet, müsste man nach dem Entwurf des vorliegenden Antrags für die steuerlich geführten Berliner Unternehmen  monatliche Corona-Zahlungen durch die Berliner Finanzämter von 31.186.667.718 Euro leisten. Das entspräche 1/12 der gesamten in Berlin besteuerten Jahresumsätze des Jahres 2019, wie die FDP der Antwort auf eine Schriftliche Anfrage ihres Fraktionskollegen Luthe entnehmen könnte. Dies läge allerdings in der Größenordnung des Berliner Jahresbudgets. Und das alles soll über den Berliner Haushalt bereitgestellt werden?

Allein diese absurden finanziellen Belastungen verbieten eine Unterstützung des Antrags.

Wir verfügen mit den Soforthilfeprogrammen I bis V bereits über ein effizientes Hilfesystem. Abhängig vom weiteren Verlauf der Krise, von der Ausgestaltung etwaiger weiterer Bundesprogramme will die SPD-Fraktion nachsteuern – das ist ja auch schon öffentlich bekannt und von der IHK belobt worden. Wir wollen zusätzliche Zuschüsse – ähnlich wie das Land Brandenburg für Unternehmen mit 10 bis 250 Beschäftigten. Das ist der Ergänzungsbedarf, den ich sehe.

Den FDP-Antrag hingegen brauchen wir nicht!

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!

[Hinweis: Die Rede wurde am 14. Mai 2020 gehalten. Das gesprochene Wort kann vom Redemanuskript abweichen.]

Ein großer Schritt nach vorn mit dem Vergabegesetz

Das neue Ausschreibungs- und Vergabegesetz wurde soeben im Abgeordnetenhaus beschlossen! Damit gilt ab jetzt ein Mindestlohn von 12,50 € für alle Vergaben des Landes Berlin, was Tausenden von Beschäftigten zugute kommt. Zugleich wird der Standort Berlin auch insgesamt sozial und ökologisch gestärkt!

Hier können Sie meinen Redebeitrag zur heutigen Debatte am 2. April 2020 nachlesen:

 

Herr Präsident,

meine sehr verehrten Damen und Herren,

auch ich komme heute nicht umhin, ein paar Worte über die aktuelle Situation zu sagen.

Zunächst gilt mein großer Dank dem Personal in den Krankenhäusern und Gesundheitsämtern, bei Feuerwehr und Polizei, in den Supermärkten sowie in vielen weiteren Bereichen. Wir alle erleben, wie diese Menschen, auf die unsere Gesellschaft so verzweifelt wie nie zuvor angewiesen ist, tagtäglich einen fantastischen Job machen und über sich hinauswachsen. Gerade auch um ihre Interessen geht es bei dem heute zur Abstimmung stehenden Gesetz!

Gleichzeitig sind meine Gedanken bei den zahlreichen Menschen, die unmittelbar und mittelbar unter dem Corona-Virus leiden. Als Politik sind wir jetzt mehr gefordert denn je, die richtigen Schlüsse aus der Krise zu ziehen, unsere Arbeit fortzusetzen und dabei ebenfalls einen guten Job zu machen.

Nur scheinen einige Kolleginnen und Kollegen in diesem Hause – z.B. Herr Dregger vorhin oder Herr Goiny eben -und auch vereinzelte Stimmen von außerhalb der Meinung zu sein, dass wir aufgrund der Krisensituation Gesetzesvorhaben, die zu sozialen und ökologischen Verbesserungen führen, jetzt auf Eis legen sollten. Deshalb möchte ich gerne noch mal daran erinnern, was uns die Krise tagtäglich lehrt:

Erstens können Leugnen, Verharmlosen und verspätetes Handeln fatale Konsequenzen haben. Das gilt nicht nur für das Corona-Virus, sondern z.B. auch für den Klimawandel.

Zweitens gibt es in zu vielen Branchen und in lebenswichtigen Einrichtungen nach wie vor ein grobes Missverhältnis zwischen finanzieller Anerkennung und gesellschaftlichem Wert von Arbeit, das nicht mehr hinnehmbar ist, und uns im Falle des fehlenden  Pflegepersonals auch gerade auf die Füße fällt.

Drittens können politischer Wille und politische Zusammenarbeit in kürzester Zeit viel bewegen und verändern.

Die Koalition ist daher fest entschlossen, die Reform des Ausschreibungs- und Vergabegesetzes nicht weiter auf die lange Bank zu schieben, sondern den vorliegenden Gesetzesentwurf hier und heute zu verabschieden.

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Plenarrede contra eine unwirksame Klausel

[Plenarrede vom 30.01.2020]

Frau Präsidentin,

meine sehr verehrten Damen und Herren,

die CDU legt hier einen Antrag vor, der die Vergabe von staatlichen Fördermitteln u. a. im Kulturbereich neben dem Bekenntnis zur freiheitlich demokratischen Grundordnung auch an die ausdrückliche Anerkennung des Existenzrechts Israels binden will. Wir lehnen dies ab, weil a) Kulturschaffende und andere Zuwendungsempfänger unter Generalverdacht gestellt werden und b) eine solche Klausel nicht geeignet wäre, den gewünschten Zweck überhaupt zu erzielen.

Selbstverständlich sollen weder Antisemiten noch andere Extremisten Geld vom Staat erhalten. Doch die von der CDU vorgeschlagene Klausel ist nicht geeignet, dies zu erreichen.

Nehmen wir doch den Fall, den die CDU in der Begründung ihres Antrags selbst exemplarisch anführt: Das Berliner Pop-Kultur-Festival sah sich in den Jahren 2017 und 2018 mit einer international agierenden Boykott-Bewegung konfrontiert, die für die Absagen prominenter Künstler sorgte. Dahinter stand – tatsächlich – eine antiisraelische Kampagne, initiiert von der international operierenden israelfeindlichen BDS-Bewegung, deren Ziel die wirtschaftliche, politische und kulturelle Isolierung Israels ist. Die BDS-Kampagne hat in der arabischen Welt besonders großen Einfluss, Künstler, die ihrem Boykott-Aufruf nicht folgen, müssen damit rechnen, in ihren Heimatländern Probleme zu bekommen. Aber auch in England oder den USA finden sich Unterstützer der global aktiven BDS-Bewegung.

Doch weshalb wurde das Berliner Pop-Kultur-Festival überhaupt boykottiert? – Die israelische Botschaft hatte das Festival mit 1.200 Euro Reisekostenzuschüssen unterstützt und wurde daher auch als Unterstützer auf der Homepage des Festivals genannt. Die bloße Nennung Israels reichte der Boykott-Bewegung bereits aus, um die Künstler von der Teilnahme abzuhalten. Doch Festivalleiterin Katja Lucker ließ sich davon nicht beeindrucken und erklärte im Deutschlandfunk   „Natürlich machen wir weiter was mit Israel“.

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Rede zum Haushalt Wirtschaft 2020 / 2021

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren!

Was ich vor einem Monat an dieser Stelle in meiner Rede zur Konjunktur festgestellt habe, stimmt auch heute noch: Berlins Wirtschaft entwickelt sich abweichend von den Konjunkturprognosen für Deutschland, die nur bei 0,5 Prozent dümpeln, äußerst positiv. Berlin bleibt mit rund 2 Prozent weiterhin Spitzenreiter beim Wirtschaftswachstum. Damit heben wir uns von manchem anderen Bundesland ab, was bereits ein Nullwachstum zu verzeichnen hat, wie beispielsweise NRW mit seiner schwarz-gelben Landesregierung.

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Rede zum Kulturhaushalt 2020 / 2021

Herr Präsdident,

meine sehr verehrten Damen und Herren,

Berlins Kulturlandschaft ist lebendig, sie ist vielfältig, sie ist offen und kreativ. Dieses offene und kreative Klima unserer Stadt macht sie zum internationalen Schaufenster der Republik. Das kulturelle und künstlerische Schaffen in Berlin ist also eine zentrale Ressource der Hauptstadt.

Dem haben wir bereits mit dem Doppelhaushalt 2018 / 2019 Rechnung getragen und nach Jahren des Konsolidierens und Einsparens den Etat signifikant auf über 700 Mio. Euro erhöht.

Die deutliche Mittelerhöhung war ein Zeichen unseres politischen Willens, die Bedingungen für eine kreative und offene Stadt auszubauen und weiterzuentwickeln. Und auch der Etat für die kommenden beiden Jahre ist ein solches Bekenntnis, wir führen mit ihm fort, was in den beiden vorangegangenen Jahren bereits verwirklicht wurde. Darüber hinaus erfahren auch kleinere kulturelle Einrichtungen erstmalig eine finanzielle Förderung.

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Plenarrede zum Lieferverkehr 28.11.2018

Herr Präsident,

meine sehr verehrten Damen und Herren,

Hand aufs Herz – wann haben Sie das letzte Mal etwas online bestellt? Jede Bestellung im Internet löst einen Warentransport aus, der für die Städte – und damit natürlich auch für Berlin – zum Problem geworden ist. Beschränkte sich zuvor der Lieferverkehr im innerstädtischen Bereich auf die Warendistribution für den Handel, werden nun verstärkt Güter an jeden einzelnen Haushalt geliefert.

Einerseits freuen wir uns individuell über jedes zugestellte Paket, ärgern uns aber andererseits – als Verkehrsteilnehmerin oder Verkehrsteilnehmer – über die Lieferwagen der Paketzusteller, die notgedrungen auf der Fahrbahn in der zweiten Reihe stehen oder, schlimmer noch, den Rad- oder Fußweg blockieren. Letzteres ist mehr als nur ein Ärgernis, sondern pure Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer, vor allem der schwächsten unter ihnen, nämlich Kinder und Senioren.

Hier sollte in der Tat gegengesteuert werden. Der vorliegende Antrag der FDP-Fraktion erkennt das Problem, das durch den vom Online-Handel verursachten Lieferverkehr entstanden ist und auch zukünftig noch verschärft werden dürfte. Allerdings bietet der Antrag kaum gangbare Lösungsansätze, dafür aber viel Widersprüchliches. So fordern Sie, werte Kollegen von der FDP, zwar ein „systematisches Durchgreifen gegen das Parken von Lieferfahrzeugen auf Gehwegen, Radwegen und in zweiter Reihe“, das vorzugsweise durch die Einrichtung und Freihaltung von Lieferzonen (sic!) erreicht werden soll, aber gleichzeitig (!) soll darf das Parklatzangebot für den Individualverkehr nicht leiden.

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Plenarrede zum Vergabegesetz am 14.11.2019

Plenarrede zum Vergabegesetz am 14.11.2019

Herr Präsident,

meine sehr verehrten Damen und Herren,

nachdem wir Anfang des Jahres hier schon einen Antrag der CDU zur Reform des Ausschreibungs- und Vergabegesetzes beraten durften, das unübersehbar den Zweck verfolgte, das Gesetz seiner wesentlichen Inhalte zu berauben und es damit im Grunde überflüssig zu machen, legt die FDP nun einen Gesetzesantrag vor, der gleich die Aufhebung des BerlAVG zum Gegenstand hat. Das ist aus der wirtschaftsliberalen FDP-Sicht, die allein dem Markt die Kompetenz zuschreibt, alle sozialen Probleme automatisch mit zu lösen, vielleicht konsequent, aber natürlich wirtschafts- und sozialpolitisch an Ignoranz nicht zu überbieten.

Ich möchte noch einmal kurz in Erinnerung rufen, um welche vier Ziele es beim Berliner Ausschreibungs- und Vergabegesetz eigentlich geht:

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Konjunkturentwicklung: Berlin wächst weiter – Plenarrede vom 14.11.2019

Konjunkturentwicklung: Berlin wächst weiter 

Herr Präsident,

meine sehr verehrten Damen und Herren,

»Gehn Sie mit der Konjunktur«, so sang das Hazy-Osterwald-Sextett optimistisch vor mehr als einem halben Jahrhundert – in einer Zeit des Wiederaufbaus nach dem Krieg, als die Konjunktur in Deutschland nur eine Richtung zu kennen schien – aufwärts. Von dieser historisch kurzen, atypischen Phase einmal abgesehen, haben wir aber in den zurückliegenden Jahrzehnten Konjunkturzyklen und die Krisenanfälligkeit unseres globalen Wirtschaftssystems in jedweder Form erlebt.

Auch derzeit bleibt die deutsche Konjunktur nicht unberührt vom sich eintrübenden internationalen Klima. Die Spannungen in den transatlantischen Beziehungen, ausgelöst durch die Politik eines unberechenbaren US-Präsidenten, der wohl bevorstehende Brexit, die Krise der WTO und einige weitere Faktoren haben zu einer weitgehenden Verunsicherung vieler Wirtschaftsakteure, zu erschwerten Bedingungen im Exportsektor und zu einer weltweiten Investitionsflaute geführt. Führende Wirtschaftsforschungsinstitute haben die Konjunkturprognosen für Deutschland kürzlich nochmals nach unten korrigiert und rechnen inzwischen nur noch mit einem diesjährigen Wachstum von 0,5 Prozent.

In diesem Kontext scheint es umso beachtlicher, dass die Berliner Wirtschaft sich unabhängig von diesen schlechten Zahlen weiterhin äußerst positiv entwickelt. Bereits im ersten Halbjahr dieses Jahres wurde das bundesdeutsche Wachstum um fast das fünffache übertroffen und war deutlich stärker als in allen anderen Bundesländern!

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Ein zentrales Mahnmal kommunistischer Gewaltherrschaft?

Plenarrede vom 31.10.2019

Frau Präsidentin,

meine sehr verehrten Damen und Herren,

es geht jetzt nicht darum, diese Opfergruppen von einer bestimmten Partei vereinnahmen zu lassen – wie es hier ja praktisch geschieht – sondern es geht um das Problem insgesamt. Und da gibt es auf der Bundesebene, das wissen Sie genau, auch bereits Bewegung.

Wir hier in Berlin und auf Bundesebene begehen in diesem Jahr den 30. Jahrestag des Falls der Berliner Mauer und dürfen im kommenden Jahr den der deutschen Einheit feiern. Diese beiden Ereignisse sind deshalb Grund zum Feiern, weil sie ein Zeichen der Demokratie sind. Sie bedeuten das Ende der SED-Diktatur, das durch eine – friedliche – Revolution letztlich herbeigeführt wurde.

Mit dem Ende der SED-Diktatur begann deren Aufarbeitung, die auf vielfältige Weise geschieht – die wissenschaftliche historische Einordnung ist dabei natürlich ein zentraler Baustein, aber auch der öffentlich-mediale Diskurs, die pädagogische Aufbereitung, die Beratung der Stasi-Opfer, der Zugang der ehemaligen DDR-Bürger zu diesen Unterlagen u.v.m. gehört dazu. Und selbstverständlich das Gedenken an die Opfer.

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Plenarrede zum Kulturforum / Museum der Moderne

Plenarrede zum Kulturforum / Museum der Moderne
am 26.09.2019

Frau Präsidentin,
meine sehr verehrten Damen und Herren,

kurios und chaotisch wie gewohnt legt die AfD mal wieder einen Antrag vor, in dem sie auch diesmal verschiedene Aspekte miteinander vermischt. Ich nehme das zum Anlass, hier einmal ein wenig aufzuräumen: Der mit heißer Nadel gestrickte Antrag wendet sich gegen den geplanten Bau des „Museums der Moderne“ auf dem Kulturforum. Dieses werde a) zu teuer, b) zu hässlich, c) zu tiefgeschossig und d) zu singulär geplant. Hier werden also finanzpolitische, architektonische bzw. stadtentwicklungspolitische Aspekte miteinander vermengt. Zum kulturellen Aspekt – den ein Museum nun zweifelsohne hat – verliert sie hingegen kein Wort. Für mich als kulturpolitischen Sprecher der SPD-Fraktion ist aber gerade dieser Aspekt vorrangig.

Was ist denn der Zweck des Museums der Moderne? Es soll adäquaten Raum schaffen für bedeutende Kunstwerke der Moderne – in Berlin als Kunst- und Kulturmetropole des 20. Jahrhunderts. Auf dem Kulturforum, das selbst ein Kind des 20. Jahrhunderts ist.

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Vielfältige Gewerbestrukturen schützen – »Berliner Mischung« erhalten!

Frau Präsidentin,
meine sehr verehrten Damen und Herren,

wenn ich bei einem meiner regelmäßigen Rundgänge durch die Geschäftsstraßen meines Wahlkreises die Gewerbetreibenden frage, womit die Politik sie unterstützen könne, erhalte ich zwei Antworten am häufigsten. Die eine Bitte lautet: »Schicken Sie uns Kunden!« – eine Aufforderung, die sicherlich nur in Ausnahmefällen zu einem spürbaren Zuwachs an Kundschaft führen wird, denn schließlich sind Abgeordnete keine Werbeagentur. Noch häufiger ist allerdings die zweite Forderung: Sorgen für eine Begrenzung der Gewerbemieten!  Und hier sehe ich die Politik durchaus in der Pflicht.

Anders als im sozialen Mietrecht für Wohnungen gibt es für  Gewerbemietverträge bislang praktisch keinen Schutz. Mieterhöhungen nach Belieben, auch Kündigungen ohne Grund sind ohne weiteres möglich, je nachdem, was der Markt hergibt. Wenn es eines Beispiels bedürfte, dass der Markt eben nicht alles zum Wohle der Allgemeinheit richtet, dann dieses – nicht wahr, liebe CDU, nicht wahr, liebe FDP?

Natürlich gehört es für eine attraktive Stadt wie Berlin dazu, eine gesunde Gewerbestruktur in den Kiezen zu haben. Das dient ja nicht nur den Gewerbetreibenden selbst, sondern auch den vielen Menschen, die hier leben und nicht nur Immobilienmakler, Nagelstudios oder Bestattungsunternehmen in der Umgebung brauchen. Es trifft neben kleinen Unternehmen auch soziale Einrichtungen, die nach dem Gewerbemietrecht behandelt werden. Frau Kollegin Schmidberger hat hier ja schon einige Beispiele genannt.

Es geht um den Erhalt der »Berliner Mischung«, die charakterisiert ist durch die Spreizung einer breiten Mittelschicht, die noch in der Innenstadt lebt. Und diese Mittelschicht hat die beliebten und daher gut besuchten Kieze Berlins erst dazu gemacht: »Berliner Mischung« meint nämlich gerade auch die Nutzungsmischung, die im dichten Nebeneinander von Wohnen, Gewerbe und Produktion besteht. (mehr …)

Qualität in Berliner Bibliotheken

Frau Präsidentin,
meine sehr verehrten Damen und Herren,

die ZLB wurde zur „Bibliothek des Jahres 2019“ gekürt. Diese Nachricht erreichte uns just heute. Den mit 20.000 Euro dotierten nationalen Bibliothekspreis erhält sie u.a. aufgrund ihrer verstärkten Ausrichtung auf digitale Angebote. Mit dem Projekt „Digitale Welten“ wurde der digitale Bestand ausgebaut, zugleich bietet sie als Landesbibliothek zahlreiche retro-digitalisierte Quellen zur Berliner Stadt- und Regionalgeschichte.

Alle nominierten Bibliotheken wurden nach folgenden Kriterien bewertet: Qualität der bibliothekarischen Arbeit, ihr kreativer Einsatz von digitalen Möglichkeiten, ihre Zukunftsorientierung, ihre nachhaltige Wirkung, ihre attraktiven Serviceleistungen, ihre medienwirksame Öffentlichkeitsarbeit, ihr internationales Engagement und ihre lokale, regionale und internationale Vernetzung.

Das alles konnte erreicht werden durch Veränderungen in den Geschäftsprozessen, zu denen auch der Aspekt gehört, der nun der AfD so viel Sorge einflößt, dass sie dessen Zurücknahme beantragt: Es geht um das Bestandsmanagement der ZLB, genauer um die Inanspruchnahme des Dienstleisters Hugendubel Fachinformation (HFI).

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Verantwortung für koloniale Vergangenheit übernehmen

Plenarrede vom 04.04.2019

Frau Präsidentin,
meine sehr verehrten Damen und Herren,

dass Deutschland einmal Kolonien in Afrika und auch in Asien und Ozeanien besaß, ist aus dem nationalen Gedächtnis weitgehend verdrängt. In den ehemaligen Kolonien hingegen ist Deutschlands koloniale Vergangenheit noch spürbar, sie hat sich in die Geschichte der kolonialisierten Länder und in die Biographien der Menschen eingeschrieben. Wie sehr dies noch heute der Fall ist, zeigt das unrühmliche Beispiel des Völkermordes an den Herero und Nama, die es gewagt hatten, gegen die Kolonialherren zu rebellieren und dafür vollständig vernichtet werden sollten.

Von den 1904 auf 80.000 geschätzten Herero lebten 1911 nur noch 20.000, von den Nama hatte die deutsche Kriegsführung ca. 10.000 Menschen das Leben gekostet. Seit 2015 verhandeln die Regierungen Deutschlands und Namibias über die Anerkennung dieses Verbrechens. Dennoch reichten die Herero und die Nama 2017 bei einem New Yorker Gericht Klage gegen die Bundesrepublik ein. Sie klagten, weil nicht sie selbst als Gesprächs- und Verhandlungspartner wahrgenommen werden, sondern die Verhandlungen nur auf Regierungsebene stattfinden. Sie wollen nicht, dass die Regierung für sie spricht, sie wollen für sich selbst sprechen. Dies zeigt, wie präsent und lebendig die Erinnerung an dieses Verbrechen für die Nachfahren heute noch ist.

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Plenarrede zum Problem des Antisemitismus

Plenarrede zum CDU-Antrag »Keine Förderung für Hetzer: Klares Bekenntnis zur freiheitlich demokratischen Grundordnung und zum Existenzrecht Israels in den Förderanträgen des Landes Berlin verankern!«

Frau Präsidentin,
meine sehr verehrten Damen und Herren,

der Antisemitismus ist das Gerücht über die Juden. Diese Formulierung stammt von Theodor W. Adorno und macht klar, worum es bei diesem Phänomen geht. Gerüchte sind Geschichten, die weitergeflüstert werden, die sich der Überprüfung entziehen, die aber wissenschaftliche Erkenntnisse in Zweifel ziehen. Gerüchte über Menschen oder Menschengruppen haben ein Ziel, nämlich diese Menschen oder Menschengruppen zu denunzieren und ihnen zu schaden.

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Plenarrede zu Start-ups in Berlin (24.01.2019)

Frau Präsidentin,
meine sehr verehrten Damen und Herren,

es ist inzwischen kein Geheimnis mehr, dass Berlin eine der Hauptstädte der globalen Start-up-Szene geworden ist. Berlin bietet nicht nur eine spannende kulturelle Umgebung, die junge und innovative Fachkräfte anzieht, vielmehr haben Start-up-Szene und Zukunftsbranchen eine Dichte und eine Intensität erreicht, die selbst schon wieder als Attraktoren wirken. Die Berliner Universitäten und Hochschulen bieten gezielt Unterstützung für Ausgründungen an. Gründerzentren, wie das CHIC in meinem Wahlkreis, helfen Start-ups, Fuß zu fassen. Das ist politisch alles gewollt und wird insbesondere von der SPD mit Nachdruck unterstützt.

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Plenarrede zum CDU-Antrag zur Änderung des Ausschreibungs- und Vergabegesetzes (BerlAVG) vom 24.01.2019

Frau Präsidentin,
meine sehr verehrten Damen und Herren,

die CDU-Fraktion hat einen Entwurf für die Novellierung des Berliner Ausschreibe- und Vergabegesetzes vorgelegt, der in dieser Form nicht unsere Zustimmung finden kann.

Auffällig an dem Entwurf der CDU-Fraktion ist zunächst, dass der gesamte Paragraf 1 des geltenden Vergabegesetzes fast ersatzlos gestrichen werden soll. Dieser Paragraf umfasst genaue Regelungen zur Tariftreue und Mindestentlohnung. In Absatz 2 etwa wird die schriftliche Zusicherung, sich an die Tarifverträge zu halten zur Bedingung der Vergabe öffentlicher Aufträge erklärt. Absatz 4 legt fest, dass Unternehmen ein Mindeststundenentgelt zahlen müssen, das durch den Ermächtigungsparagrafen (§ 2) per Rechtsverordnung erhöht werden kann. Absatz 6 regelt, dass sich auch Subunternehmer sich an die Bedingungen halten müssen, die das auftragnehmende Unternehmen eingegangen ist.

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Chancenstadt Berlin

Starker Wirtschaftsstandort durch Innovation. Plenarrede zur aktuellen Stunde am 27.09.2018

Herr Präsident,
meine sehr verehrten Damen und Herren.

Wir diskutieren heute die wirtschaftliche Entwicklung Berlins und die Zukunftsaussichten unserer Stadt. Bei den vielen Themen, die politisch begleitet und entschieden werden wollen, und die wir hier zu Recht diskutieren, darf man jedoch nie aus den Augen verlieren, wie wichtig eine zukunftsfeste wirtschaftliche Grundlage ist. Das berühmte Zitat von Bill Clinton »It’s the economy, stupid« mag es vielleicht etwas simpel auf den Punkt bringen aber es unbestritten ist doch, dass all die hehren Ziele, die wir uns stadtpolitisch, sozialpolitisch oder in der Kultur setzen entscheidend von der ökonomischen Basis abhängen.

Wie sieht die Situation nun aus? – Tatsache ist, dass Berlin sich seit gut zehn Jahren in einem stabilen Aufwärtstrend befindet, mit Wachstumsraten über dem Bundesdurchschnitt und einer ebenfalls überdurchschnittlichen Zunahme der Beschäftigung. Vorbei sind die Zeiten jener wirtschaftlichen Depression zu Beginn des Jahrhunderts, als Berlin nach dem Platzen so mancher Illusion der neunziger Jahre vor der Notwendigkeit stand, sich völlig neu aufzustellen.

Es liegt mir fern, alle wirtschaftlichen Erfolge allein der Politik zuzuschreiben. Sie beruhen vorrangig auf der Leistung der Menschen und ihrer Arbeit in Unternehmen, aber es wurden doch etliche Weichen in der Politik richtig gestellt. Bereits in der ersten Legislaturperiode des sozialdemokratisch Senats unter Klaus Wowereit ab 2001 kam Berlin allmählich aus der Provinzialität des Denkens der neunziger Jahre heraus und begann, sich zu einer tatsächlich internationalen Metropole zu entwickeln, von der zuvor nur vollmundig geredet worden war. (mehr …)

Bibliothekskonzept, zweite Lesung

Entwicklung eines Bibliothekskonzepts, Plenarrede vom 13.09.18 zum Antrag der Koalition, zweite Lesung

Frau Präsidentin,
meine sehr verehrten Damen und Herren,

schon kurz nach unserer letzten Debatte zur Zentral- und Landesbibliothek (ZLB) wurde die Standortfrage entschieden. Gebaut wird neben der AGB am Blücherplatz in Kreuzberg. Die ZLB begrüßt diese Entscheidung, die auch ich für absolut nachvollziehbar halte. Am Marx-Engels-Forum, das ja ebenfalls als Standort im Gespräch war, hätten die notwendigen Aushubarbeiten zu unkalkulierbaren Bauverzögerungen führen könnten. Schließlich liegt dort das Gründungsgebiet Berlins.

Im Vorfeld der Bauplanung gibt es einen partizipativen Prozess, der bereits im Gange ist. Unter dem Motto »Bibliothek findet Stadt – Stadt findet Bibliothek« bietet die ZLB einen Themenraum, der aktuelle Stadtplanungs- und Bauprojekte vorstellt, bei denen sich Berliner Initiativen, Interessengruppen und einzelne Bürgerinnen und Bürger einbringen können und so an der Zukunft ihrer Stadt teilhaben. (mehr …)

Bibliothekskonzept

Entwicklung eines Bibliothekskonzepts, Plenarrede vom 14.06.18 zum Antrag der Koalition

Herr Präsident,
meine sehr verehrten Damen und Herren,

im Koalitionsvertrag hat sich Rot-rot-grün die zukunftsfähige Gestaltung der Berliner Bibliotheken ins Aufgabenheft geschrieben. Der Grund hierfür ist, dass alle drei Koalitionspartner der Modernisierung des Berliner Bibliothekswesens erhebliche Bedeutung beimessen. Bibliotheken sind Medien. Immer schon haben sie Wissen gespeichert, verteilt und generiert. Selbstverständlich kommt ihnen daher gerade in der Wissens- und Informationsgesellschaft erhebliche Bedeutung zu.

Allerdings wandelt sich mit der Wissensgesellschaft auch ihre Rolle, weil neue Wissensspeicher, -verteiler und -generatoren, nämlich das globale Internet und die sozialen Medien hinzutreten, die anders funktionieren als die klassische Bestandsammlung von Büchern. Damit ergeben sich für Bibliotheken neue Aufgaben. Zum Beispiel stellen soziale Medien und Internet ganz neue Anforderungen an die Medienkompetenz der Nutzer, nicht nur technisch, sondern auch im Hinblick auf den Wert und die Bedeutung der verbreiteten Informationen. In einer Medienwelt in der praktisch jede und jeder durch einen Blog oder ein Facebook-, Twitter-, Youtube- oder Instagram-Profil zum Massenmedium werden kann, eröffnen sich neue Chancen und Risiken der Kommunikation. Fake-News und Filter-Blasen sind nur die bekanntesten Risiken, aber in ihnen steckt ein erhebliches Manipulationspotenzial, das nicht ohne Folgen für demokratische Entscheidungsprozesse bleibt und ganz neue Anforderungen an die Mediennutzer – also letztlich an uns alle – stellt. Einerseits Anforderungen an die eigene Medienproduktion, andererseits solche an die eigene Medienrezeption. Und es hat Konsequenzen für die Meinungsbildung. Immer weniger Menschen rezipieren immer weniger gleichzeitig. Mit Ausnahme von Zeiten internationaler Fußballmeisterschaften ist es die absolute Ausnahme, dass von zehn Menschen auch nur zwei am Abend zuvor die gleiche Sendung gesehen haben. Dieses Verschwinden von Gleichzeitigkeit stellt ganz neue Anforderungen an die politische und demokratische Kommunikation. (mehr …)

Musikerhonorare

Honorare für freie Musiker. Plenarrede vom 17. Mai 2018

Frau Präsidentin,
meine sehr verehrten Damen und Herren,

die AfD hat einen Antrag vorgelegt, der vordergründig darauf abzielt, dass Honoraruntergrenzen für freischaffende Musikerinnen und Musiker eingehalten werden, insbesondere dadurch, dass bei der Zuweisung öffentlicher Mittel an Kulturprojekte die Einhaltung von Honorarmindeststandards zur Bedingung gemacht und überwacht wird.

Als Begründung führt die AfD-Fraktion an, dass so der hohe Qualitätsstandard der Berliner Kultur erhalten werden soll. Außerdem solle – man höre und staune – der »die gesamte Gesellschaft belastenden Altersarmut« entgegengewirkt werden.

Ich nehme es der AfD-Fraktion aber nicht ab, dass sie es ehrlich meint. Mein Eindruck ist, dass es bei dem Antrag gar nicht um die soziale Lage freischaffender Musikerinnen und Musiker geht, sondern darum, diese Gruppe für die billige Propaganda der AfD zu instrumentalisieren.

Ähnlich ist in dem Antrag von der Sorge um die Qualität der Berliner Kultur die Rede. Auch das nehme ich der AfD nicht ab! Das Gorki-Theater finden AfD-Politiker zu »postmigrantisch«, mit dem Deutschen Theater und dem Friedrichstadtpalast stehen sei auf Kriegsfuß. Auch dürfte die Abneigung zwischen der AfD einerseits und den Berliner Kulturschaffenden andererseits auf Gegenseitigkeit beruhen. Die Behauptung, die AfD sorge sich um die Qualität der Berliner Kultur oder um die Renten prekär Beschäftigter ist lediglich gut abgeschrieben, ernst gemeint ist das nicht. (mehr …)

»Alte Münze«, 2. Lesung

Rede zur »Alten Münze«, 2. Lesung  (17.05.2018)

Frau Präsidentin,
meine sehr verehrten Damen und Herren,

die »Alte Münze«, über die wir heute erneut sprechen, ist eines der letzten großen Industriedenkmale im Herzen Berlins, für das noch kein Nutzungskonzept beschlossen worden ist. Der vorliegende Antrag soll diesen Standort als Kulturstandort definieren und sichern. Denn es handelt sich um einen architektonisch wie stadtgeschichtlich bedeutenden Standort und zugleich um eine Immobilie, die enorme Potentiale für Kultur und Kreativwirtschaft bietet.

Nach dem dritten Kreativwirtschaftsbericht fallen rund 28.000 Unternehmen – also knapp 20 % aller Unternehmen Berlins – in den Bereich der Kultur- und Kreativwirtschaft. Dem Bericht zufolge erwirtschaften sie einen Umsatz von über 16. Mrd. Euro und stellen fast 200.000 Beschäftigte. (mehr …)

Die Zukunft der Internationalen Luft- und Raumfahrtausstellung

Die Zukunft der ILA in Schönefeld. Plenarrede vom 26.04.18 zum AfD-Antrag

Sehr geehrte Frau Präsidentin,
meine sehr geehrten Damen und Herren,

die in Schönefeld gerade stattfindende Internationale Luft- und Raumfahrtausstellung (ILA) ist die drittgrößte Air-Show Europas. Auf der ILA 2018 wird mit über 1.000 Ausstellern aus 40 Ländern die Crème de la Crème der internationalen Luft- und Raumfahrtindustrie in Brandenburg erwartet, darunter allein 40 Aussteller aus der Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg.

Die ILA ist für Berlin ein großer Gewinn. Erstens ist sie eine überregional ausstrahlende Leistungsschau für alle Geschäftsfelder der Aerospace-Industrie und zweitens erweist sie sich als starker Publikumsmagnet, der im Wesentlichen dem Land Berlin zu Gute kommt, weil es gerade hier – bekanntermaßen – zahlreiche kulturelle und freizeitrelevante Angebote gibt. (mehr …)

Die neue Zentral- und Landesbibliothek

Die neue Zentral- und Landesbibliothek. Plenarrede vom 26.04.18 zum CDU-Antrag

Sehr geehrte Damen und Herren,
sehr geehrter Herr Präsident,

die öffentlichen Bibliotheken Berlins sind die meistgenutzten Kultureinrichtungen der Stadt. Bereits im Koalitionsvertrag hat sich R2G dafür ausgesprochen, das öffentliche Bibliothekssystem zu stärken und zukunftsfähig zu gestalten. Die Bibliotheksversorgung in Berlin muss nach zeitgemäßen Qualitätsstandards flächendeckend gewährleistet sein. Mit der Zusammenführung der Zentral- und Landesbibliothek an einem Standort soll ein deutliches Zeichen für kulturelle Bildung und lebenslanges Lernen gesetzt werden. Über den Standort soll unter Berücksichtigung partizipativer Prozesse entschieden werden. Diese Entscheidung soll als gerade nicht von oben herab gefällt werden. Das aber ist genau die implizite Forderung, die der Antrag der CDU enthält. (mehr …)

Berliner Großmarkt

Zusagen einhalten – Dialog mit Interessengemeinschaft Lebensmittel- und Frischecluster Berlin nicht verweigern. Plenarrede vom 22.03.18

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren,

dieser FDP-Antrag lässt bereits in seiner zweigeteilten Überschrift einen aufschlussreichen Einblick in das Politikverständnis der FDP zu!

Im ersten Teil heißt es »Zusagen einhalten« – wobei der Senat zu keinem Zeitpunkt eine Zusage abgegeben hat, den Großmarkt auf lange Zeit an die IG LFC zu verpachten. Die Wirtschaftssenatorin zeigte sich von Beginn an durchaus offen, mit der Genossenschaft über neue Konzepte für den Großmarkt zu reden, was ja auch geschieht.

Wenn die FDP hier aber bereits eine Zusage für einen langfristigen Erbbaurechtsvertrag hineininterpretiert, ist dies einfach unseriös! (mehr …)

Alte Münze

Plenarrede zur »Alten Münze« vom 08. März 2018

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren,

wahrhaftig nicht zum ersten Mal rede ich hier zu einem Thema aus dem großen und hochspannenden Bereich der Industriekultur.

Der Fundus an bedeutenden Bauwerken aus der reichen Geschichte Berlins als Industriestandort ist eminent, doch nicht immer werden die Gebäude heute noch industriell oder überhaupt gewerblich genutzt. An etlichen Stellen war daher schon Verfall der wertvollen Gebäudesubstanz aufgrund der fehlenden Nutzung die Folge.

Glücklicherweise ist es in den letzten zehn Jahren zunehmend gelungen, z. B. in Schöneweide, Neukölln, Kreuzberg, Wedding und andernorts adäquate Neunutzungen kreativer und künstlerischer Art in alten Industriebauten zu etablieren.

Die »Alte Münze«, über die wir heute reden, ist eines der letzten großen Industriedenkmale im Herzen Berlins, für das noch kein Nutzungskonzept beschlossen worden ist – daher der vorliegende Antrag. (mehr …)

Lieferdienste – Update für das Wirtschaftsverkehrskonzept

Manuskript meiner Plenarrede zur Lage der Lieferdienste in Berlin vom 22. Februar 2018 

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren,

der Antrag der FDP zu den Herausforderungen des steigenden innerstädtischen Lieferverkehrs fordert, dass der Senat zu den Problemen des expandierenden Lieferverkehrs ein Konzept entwickeln solle.
Nach einer Studie des Bundesverbandes Paket- und Expresslogistik sind in unserer Stadt täglich ca. 2500 Lieferwagen unterwegs. Sie stellen mehr als 376.000 Pakete zu. Viele Fahrzeuge sind Dieselfahrzeuge, zumeist 3,5-Tonner.

Ich finde es löblich, wenn es nun sogar der FDP auffällt, dass hier ein Problem besteht, welches der freie Markt nicht von selbst lösen kann und wird. Ich finde prinzipiell auch gut, wenn Politik »proaktiv handelt«. Neu ist mir, dass sich dieser Begriff plötzlich auch im Wortschatz der FDP wiederfindet, meint er doch vorausschauende und konzeptionell abgestimmte Planung. Der Ehrlichkeit halber muss man aber auch feststellen, dass es für »proaktives Handeln« zu spät ist, denn die Probleme sind ja bereits da. (mehr …)

Ladenschluss und Sonntagsöffnung von »Spätis«

Mitschrift zu meiner Plenarrede vom 11. Januar 2017

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!

Die FDP nimmt die Backen hier mal wieder ziemlich voll. »Von der Provinz zur internationalen Metropole« heißt es etwas großspurig in der Überschrift des Antrages. Und dann geht es gerade mal um angebliche »Wettbewerbsverzerrungen durch das Ladenschlussgesetz«.

Hier kann der FDP zunächst einmal begrifflich auf die Sprünge geholfen werden. Seit November 2006 gibt es ein Berliner Ladenöffnungsgesetz, mit dem das bis dahin geltende Ladenschlussgesetz auf Bundesebene hier für uns abgelöst wurde. Die Föderalismuskommission hatte gerade erst kurz zuvor den Weg für diese landesgesetzlichen Regelungen geöffnet, und Berlin war das erste Bundesland, das davon Gebrauch machte – Sie haben das hier auch lobend erwähnt – und ein Ladenöffnungsgesetz initiiert hat, das so liberal war, dass die damalige FDP-Fraktion sogar davon überrascht gewesen sein dürfte, dass man von Montag 0 Uhr bis Sonnabend kurz vor Mitternacht sowieso jeden Laden, egal welcher Größe, welcher Branche offen haben kann.
Wie Sie wissen, machen allerdings die wenigsten von so umfassenden Öffnungszeiten dann auch wirklich Gebrauch, aber das hat andere Gründe. (mehr …)

Kulturelle Angelegenheiten

Manuskript meiner Plenarrede zum Einzelplan 08 »Kulturelle Angelegenheiten« vom 14. Dezember 2017

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren,

das kreative und offene Klima, das in Berlin herrscht, wird nachhaltig durch eine lebendige Kultur bestimmt. Berlin ist das internationale Schaufenster der Berliner Republik, gerade weil Kunst, Kultur und Kreativszene hier zu den zentralen Ressourcen gehören.

Die Kultur hat die Erfolgsgeschichte Berlins in besonderer Weise ermöglicht. Nach Jahren der Konsolidierung und der Einsparungen vielerorts, bildet sich die Bedeutung der Kultur zunehmend auch im Haushalt ab. Lag der Kulturetat bis 2015 noch unter 500 Mio. Euro, so beschließen wir heute einen Kulturhaushalt von über 700 Mio. Euro für 2018 und 2019. Die erhebliche Mittelerhöhung bezeugt unseren politischen Willen, die Bedingungen für eine kreative und offene Stadt weiterzuentwickeln und Räume für Austausch, Begegnung und Auseinandersetzung zu erhalten und neu zu schaffen. (mehr …)

Die wirtschaftliche Bilanz Berlins

Manuskript meiner Plenarrede zur wirtschaftlichen Bilanz Berlins und zum Haushalt Einzelplan 13 vom 14. Dezember 2017

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren,

es ist inzwischen ja kein Geheimnis mehr, dass Berlins wirtschaftliche Entwicklung mit den Worten »arm, aber sexy« nicht mehr zutreffend umschrieben ist. Der zweite Teil dieser bekannten Formulierung ist zwar nach wie vor unstrittig, der erste allerdings trifft nicht mehr zu. Vielmehr ist Berlin nach wie vor »sexy« und gerade deshalb geht es der Berliner Wirtschaft und den Berlinerinnen und Berlinern immer besser.

Die Arbeitslosigkeit wird kontinuierlich abgebaut. Das Bruttoinlandsprodukt wächst und steht im Bundesvergleich gut da. Die Gründerszene ist vitaler als in jeder anderen deutschen Stadt. Auch die Berliner Industrie beinhaltet viel mehr als nur die Produktion von Waren. Für 40 % der Dienstleistungsunternehmen ist die Industrie der wichtigste Kunde. Und auch die Berliner Exportwirtschaft steht gar nicht so schlecht da, wie eine Untersuchung des DIW zeigt, weil sie den Export von Dienstleistungen mitberücksichtigt.

Die Gründe für diese gute Entwicklung sind nicht vom Himmel gefallen. In einer aktuellen DIW-Studie im Auftrag der IHK werden zwei ganz wesentliche Faktoren genannt, in denen Berlin sehr stark ist. Das sind einerseits das »F+E-Potential« und andererseits das »Kulturpotential«. Letzteres lockt Arbeitgeber wie Arbeitnehmer nach Berlin. Und mit drei großen Universitäten, der UdK sowie zahlreichen Fachhochschulen und weiteren Bildungseinrichtungen besteht in Berlin auch in Zukunft die Chance auf eine dynamische Wachstumsentwicklung. (mehr …)

Solidarität mit der Ibn Rushd-Goethe-Moschee und Frau Seyran Ateş

Rede zum Antrag der AfD-Fraktion vom 30.11.17

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren,

ein Antrag der AfD-Fraktion, in dem Solidarität mit einer Moschee und einer Muslimin gefordert wird, ist zunächst einmal überraschend.

Üblicherweise tut sich diese Partei durch platte Islamfeindlichkeit hervor, wie beispielsweise der von der AfD aufgestellte Kandidat für das Amt des Bundestagsvizepräsidenten Albrecht Glaser, der öffentlich erklärt hat: »Der Islam ist eine Konstruktion, die selbst die Religionsfreiheit nicht kennt und die sie nicht respektiert, und die da, wo sie das Sagen hat, jede Art von Religionsfreiheit im Keim erstickt. Und wer so mit einem Grundrecht umgeht, dem muss man das Grundrecht entziehen.« (mehr …)

Tourismuskonzept reloaded

Manuskript meiner Plenarrede zum neuen Berliner Tourismuskonzept im Abgeordnetenhaus am 19. Oktober 2017

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren,

wie wir alle wissen, hat sich der Tourismus in Berlin in den beiden zurückliegenden Jahrzehnten sehr gut entwickelt.
Seinerzeit hatte Berlin ca. 3,3 Millionen Gäste jährlich (1996). Im vergangenen Jahr waren es dagegen 12,7 Millionen und die Schallmauer von 30 Millionen Übernachtungen/Jahr wurde durchbrochen. Das ist eine Vervierfachung und zeigt die wirtschaftliche Bedeutung und das Wachstumspotential.
Allerdings hat diese Entwicklung nicht nur positive Folgen für die Wirtschaft, Haushalt und die Entwicklung des Arbeitsmarktes. Vielmehr nehmen die Klagen aus der Bevölkerung zu – Klagen, die zu Recht Auswüchse beanstanden, die dem Lebensgefühl in Berlin Schaden zufügen.
Anwohnerinnen und Anwohner beklagen kontinuierliche Lärmbelastungen, die durch Party-Dauerstandorte im öffentlichen Raum entstehen. Das bekannteste Beispiel ist die Admiralbrücke in Kreuzberg. Aber auch die Zweckentfremdung von Wohnraum für private Ferienwohnungen muss zu solchen unerwünschten Begleiteffekten gezählt werden.
Solche Entwicklungen werden in ihrer Summe zu einem Akzeptanzverlust des Tourismus unter den Berlinerinnen und Berlinern beitragen – ein Akzeptanzverlust, der einerseits die touristische Entwicklung selbst beschädigt und andererseits zu einer Entfremdung zwischen Bürgern und ihrer Stadt führt. In Barcelona etwa ist dies bereits der Fall. (mehr …)

Zur Besetzung der Volksbühne

Plenarrede  vom 28. September 2017 zur Besetzung der Volksbühne

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren,

der Antrag, über den wir hier heute sprechen, hat mit Kultur ja nur oberflächlich zu tun, sondern es ist seitens der AfD vor allem ein weiterer ihrer Hau-drauf-Anträge. Oder wie einer Ihrer Fraktionskollegen es in der Zeitung formulierte, die Volksbühne müsse »aus dem Würgegriff der Kultur-Stalinisten befreit werden« – wer immer auch damit gemeint sei.

Kulturpolitisch ist die Lage relativ eindeutig. Der Berliner Senat hat seinerzeit einen neuen Intendanten für die Volksbühne, nämlich Chris Dercon, bestellt. Fachliche Kritik an dieser Entscheidung hat es vielfältig gegeben, aber es gibt auch gute und nachvollziehbare künstlerische Gründe für diese Besetzung. Die Entscheidung wurde gefällt, die Verträge sind abgeschlossen. Diese Entscheidung gefällt einigen aus der Theaterszene nicht – sei es aus politisch-organisatorischen, aus ästhetischen Gründen oder auch aus persönlicher Betroffenheit, aber sie ist vollständig demokratisch legitimiert und verfahrenstechnisch korrekt. Ein anderer Senator hätte diese Entscheidung vielleicht so nicht getroffen, und hätte möglicherweise auch andere Besetzungen in Kultureinrichtungen anders entschieden, aber die Verlässlichkeit des Landes Berlin, eingegangene Verträge auch einzuhalten, ist essentiell für die weitere Position des Landes bei der Anwerbung von Spitzenkräften nicht nur in der Kultur – das hat Senator Lederer auch nie anders dargestellt.

Nun lässt sich über Geschmack bekanntlich nicht streiten – und es ist politisch mehr als nur bedenklich, wenn Geschmacksfragen politisch werden und sich über die Verfahrenlegitimität des demokratischen Rechtsstaates hinwegsetzen. Genau das aber ist nun geschehen.

Die Besetzer des Kollektivs »Staub zu Glitzer« haben sich schlicht selbst ermächtigt, über die Belegung der Volksbühne und über die Kunst, die dort gezeigt werden soll, zu entscheiden. (mehr …)

Plenarrede zum Kuppelkreuz am Stadtschloss

Plenarrede zur CDU-Drucksache 18/0373 »Kuppel mit Kreuz wieder herstellen« am 22. Juni 2017

Die Debatte um das Kuppelkreuz auf dem Stadtschloss lässt die Wogen höher schlagen – auch im Parlament. Ich bin der Ansicht, dass es das Kuppelkreuz nicht braucht, durch die CDU geht offensichtlich in dieser Frage ein tiefer Riss; auch wenn sie es nicht merkt. Meine vollständige Plenarrede zur CDU-Drucksache 18/0373 »Kuppel mit Kreuz wieder herstellen« können Sie hier nachlesen.


Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren,

es sind schon eigenartige Anträge, die von der CDU in letzter Zeit gerade zu Themen im Zusammenhang mit dem Humboldt-Forum und seiner Umgebung regelmäßig vorgelegt werden!

Haben wir beim letzten Mal auf Antrag der CDU über das Freiheits- und Einheitsdenkmal diskutiert, wobei es in Wahrheit mehr um der Frust darüber ging, dass die Linkspartei die CDU als Regierungspartner abgelöst hat, so heißt die Partie heute nicht CDU gegen Linkspartei, sondern CDU gegen CDU.

Die Debatte über das geplante Kreuz auf der Kuppel des Humboldt-Forums wurde nämlich von niemand anderem als dem früheren CDU-Senator Volker Hassemer losgetreten. Von daher ist es erstaunlich, dass Frau Kollegin Seibeld hier eine ideologische Kampagne der Linksfraktion sieht. Nun ist es sicherlich auch einem Mitglied der christlich-demokratischen Union gestattet, eine persönliche Meinung zur Verwendung christlicher Symbole zu haben und diese zu äußern; ich kenne umgekehrt übrigens auch Atheisten, die für das Kuppelkreuz sind! (mehr …)

Starkes Wachstum der Berliner Wirtschaft

Plenarrede zur Entwicklung der Berliner Wirtschaft vom 28. April 2017

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren,

Unser heutiges Thema ist »das starke Wachstum der Berliner Wirtschaft« – und dieses Wachstum beeindruckt in der Tat. Es liegt in Berlin seit mehreren Jahren deutlich über dem Bundesdurchschnitt, zum Beispiel im vergangenen Jahr ca. 3,0 % gegenüber 1,7 % im Bundesdurchschnitt.

Die Zahl der Arbeitslosen hat sich seit 2005 nahezu halbiert, rund 300.000 Menschen fanden im gleichen Zeitraum eine neue sozialversicherungspflichtige Beschäftigung. Heute haben rund 1,31 Mio. Berlinerinnen und Berliner eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung und auch die Lohnentwicklung ist positiv. Insgesamt gab es 2015 rund 1,8 Mio. Erwerbstätige. Damit erreichte die Zahl der Erwerbstätigen den höchsten Stand im wiedervereinten Berlin.

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