Alte Münze

Plenarrede zur »Alten Münze« vom 08. März 2018

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren,

wahrhaftig nicht zum ersten Mal rede ich hier zu einem Thema aus dem großen und hochspannenden Bereich der Industriekultur.

Der Fundus an bedeutenden Bauwerken aus der reichen Geschichte Berlins als Industriestandort ist eminent, doch nicht immer werden die Gebäude heute noch industriell oder überhaupt gewerblich genutzt. An etlichen Stellen war daher schon Verfall der wertvollen Gebäudesubstanz aufgrund der fehlenden Nutzung die Folge.

Glücklicherweise ist es in den letzten zehn Jahren zunehmend gelungen, z. B. in Schöneweide, Neukölln, Kreuzberg, Wedding und andernorts adäquate Neunutzungen kreativer und künstlerischer Art in alten Industriebauten zu etablieren.

Die »Alte Münze«, über die wir heute reden, ist eines der letzten großen Industriedenkmale im Herzen Berlins, für das noch kein Nutzungskonzept beschlossen worden ist – daher der vorliegende Antrag.

In der jetzigen Form ist die »Alte Münze« noch gar nicht so alt, sondern wurde ab 1935 nach Plänen von Fritz Keibel (Architekt) und Arthur Reck (Entwurf) als Ersatzstandort für frühere Münzprägeanstalt am Werderschen Markt errichtet, die dem Erweiterungsbau der Reichsbank weichen musste , wo heute wiederum das Auswärtige Amt als Nachnutzer residiert. Allerdings bezogen die Architekten des Neubaus der Münze in den dreißiger Jahren recht geschickt das barocke Palais Schwerin mit ein sowie eine Kopie des 48 Meter langen Frieses von Friedrich Gilly und Johann Gottfried Schadow von 1800 der sich bereits am ersten Gebäude der Berliner Münze am Werderschen Markt befand.

Es handelt sich also um einen architektonisch wie stadtgeschichtlich bedeutenden Standort und zugleich um eine Immobilie, die enorme Potentiale für Kultur und Kreativwirtschaft bietet – in dieser Reihenfolge!

Es ist mir wichtig, dass über die derzeitigen Zwischennutzerinnen und -nutzer nicht hinweggegangen wird. In den Spreewerkstätten finden ja bereits kulturelle Nutzungen statt – Ateliers, Ausstellungsräume, Tonstudios, eine Tanzschule und andere vielfältige Aktivitäten aus dem kulturellen und kreativwirtschaftlichen Bereich finden hier zusammen. Doch das Haus bietet noch viel mehr Möglichkeiten mit einer Bruttogeschossfläche von 20.000 m².

Hier wurden Reichsmark, DDR-Mark, D-Mark und Euro geprägt – 1990 immerhin 20 % der gesamtdeutschen Münzprägung. Seitdem diese bedeutende Münzprägestätte im Jahr 2005 nach Reinickendorf verlegt worden ist, stehen große Teile der einstigen Produktionsräume noch leer. Natürlich bedarf es erheblicher Investitionen zur Herrichtung dieser Flächen zur kulturellen Nutzung. Aus SIWANA-Mitteln werden hierfür 35 Millionen zur Verfügung gestellt.

Allein an dieser Zahl wird deutlich, dass die seitens des Bundestages vor einiger Zeit in Aussicht gestellten 12 Mio. € nur einen kleineren Teil der benötigten Summe abdecken würde. Wir sollten uns mit dem Bund über künftige Nutzungen verständigen, und hierbei kann auch Jazz, wie seinerzeit ins Gespräch gebracht, eine Komponente sein, aber keineswegs die einzige.

Ja, die Alte Münze einschließlich des ohnehin in Bundesbesitz befindlichen Schwerin‘schen Palais bietet sehr viel Möglichkeiten – gerade auch für die musikalische Nutzungen, zumal Probleme mit dem Lärmschutz an dieser Stelle leicht lösbar sein sollten. Aber selbstverständlich geht es um viel mehr, um Bildende Kunst, um Darstellende Kunst, um Übungsräume und Aufführungsorte für die freie Szene – für Theater, für Performance, für Tanz.

Und hierbei geht es gerade auch darum, Räume für künstlerische Tätigkeiten zu sichern, die nicht eigenwirtschaftlich sind, aber zur essentiell für den hiesigen Kulturstandort. Das kreative und offene Klima, das in Berlin herrscht, wird nachhaltig durch eine lebendige Kultur bestimmt. Berlin ist das internationale Schaufenster der Berliner Republik, gerade weil Kunst, Kultur und Kreativszene hier zu den zentralen Ressourcen gehören.

Daher werden hierfür künftig Haushaltsmittel benötigt – keine Frage. Es ist aber auch nicht verboten, wenn kulturelle oder kreativwirtschaftliche Nutzungen eigene Gewinne erzielen und damit zur Finanzierung des Kulturstandorts »Alte Münze« beitragen.

Rund 28.200 Unternehmen (das sind knapp 20 % aller Unternehmen Berlins) fallen in den Bereich Kultur- und Kreativwirtschaft, erwirtschafteten bereits 2012 einen Umsatz von über 16 Mrd. Euro.

Die Berliner Kreativwirtschaft stellt knapp 186.000 Erwerbstätige, davon gehen fast 98.500 einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nach, nur 9.300 sind geringfügig beschäftigt (Zahlen von 2013) – anders, als oft behauptet.

Und 78 % der kreativen Unternehmen befinden sich innerhalb des S-Bahn-Rings; auch die Kreativwirtschaft ist auf zentrale Standorte angewiesen.

Auf den richtigen Nutzungsmix in der »Alten Münze« wird es ankommen und genau diesem Grund fordert die Koalition, den Senat auf, in Zusammenarbeit mit der für die Immobilie zuständigen BIM, aber auch mit den Akteurinnen und Akteuren aus der freien Szene und derzeitigen Nutzerinnen und Nutzern ein Konzept für den Kulturstandort »Alte Münze« zu entwickeln.

Ich danke für die Aufmerksamkeit!

(Hinweis: Das gesprochene Wort kann von diesem Manuskript abweichen.)