Plenarrede zum Kuppelkreuz am Stadtschloss

Plenarrede zur CDU-Drucksache 18/0373 »Kuppel mit Kreuz wieder herstellen« am 22. Juni 2017

Die Debatte um das Kuppelkreuz auf dem Stadtschloss lässt die Wogen höher schlagen – auch im Parlament. Ich bin der Ansicht, dass es das Kuppelkreuz nicht braucht, durch die CDU geht offensichtlich in dieser Frage ein tiefer Riss; auch wenn sie es nicht merkt. Meine vollständige Plenarrede zur CDU-Drucksache 18/0373 »Kuppel mit Kreuz wieder herstellen« können Sie hier nachlesen.


Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren,

es sind schon eigenartige Anträge, die von der CDU in letzter Zeit gerade zu Themen im Zusammenhang mit dem Humboldt-Forum und seiner Umgebung regelmäßig vorgelegt werden!

Haben wir beim letzten Mal auf Antrag der CDU über das Freiheits- und Einheitsdenkmal diskutiert, wobei es in Wahrheit mehr um der Frust darüber ging, dass die Linkspartei die CDU als Regierungspartner abgelöst hat, so heißt die Partie heute nicht CDU gegen Linkspartei, sondern CDU gegen CDU.

Die Debatte über das geplante Kreuz auf der Kuppel des Humboldt-Forums wurde nämlich von niemand anderem als dem früheren CDU-Senator Volker Hassemer losgetreten. Von daher ist es erstaunlich, dass Frau Kollegin Seibeld hier eine ideologische Kampagne der Linksfraktion sieht. Nun ist es sicherlich auch einem Mitglied der christlich-demokratischen Union gestattet, eine persönliche Meinung zur Verwendung christlicher Symbole zu haben und diese zu äußern; ich kenne umgekehrt übrigens auch Atheisten, die für das Kuppelkreuz sind!

Doch Hassemer tat dies mit seiner Stiftung Zukunft Berlin bewusst im politischen Raum, um eine Debatte anzustoßen, die in diametralem Gegensatz zu allem steht, was die CDU in ihrem Antrag fordert.

Offensichtlich hat er damit in ein Wespennest gestochen, denn wie sich bei den Debatten um das Humboldt-Forum schon oft gezeigt hat, gibt es keine größeren Aufreger als solche im Zusammenhang mit dem Äußeren des rekonstruierten Schlosses und seiner Umgebung. Hier schlagen die Wellen regelmäßig sehr viel höher als bei allen inhaltlichen Diskussionen über das Humboldt-Forum.

Das liegt sicherlich auch darin begründet, dass gegensätzliche städtebaupolitische Vorstellungen von Beginn an, seit den frühen neunziger Jahren, die Debatte beherrscht haben und nicht so sehr die Frage, was für Funktionen man an diesem wichtigen Ort im Stadtzentrum konzentrieren will. Traditionalisten waren und sind vorrangig daran interessiert, den Postkartenblick eines unzerstörten Berlins so weit wie möglich wieder herzustellen – und hierbei spielen das Schloss und seine Umgebung eine zentrale Rolle –, während Modernisten sich genau an einer solchen Illusionsarchitektur stören und sie daher auch gerne als »Disneyland« abqualifizieren.

Mit der Idee des Humboldt-Forums versuchte Anfang des neuen Jahrhunderts der damalige Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz den gordischen Knoten zu durchtrennen, indem er einen Brückenschlag zwischen traditioneller, preußisch-nationaler Architektur und einer völlig anders gearteten, weltoffenen Nutzung vorschlug. Architekt Franco Stella hat dann versucht, diese anspruchsvolle Aufgabe in seinem Entwurf umzusetzen. Das Bildprogramm der Skulpturen an den Schlossfassaden, das der königlichen Machtlegitimation des 18. Jahrhunderts untergeordnet war, steht allerdings in keinerlei Zusammenhang mit den Weltkulturen, die im Inneren des Gebäudes dargestellt werden sollen.

Die von Volker Hassemer und seiner Stiftung Zukunft angestoßene Diskussion greift nun ein Element dieses Spannungsfeldes zwischen Inhalt und äußerer Gestaltung des Humboldt-Forums auf, eben jenes Kuppelkreuz. Es sei unvereinbar mit dem multikulturellen und multireligiösen Ansatz, der dem Humboldt-Forum zugrunde liegt, wird behauptet. Dankbar greifen die Feuilletons der Zeitungen diese Debatte auf, und zahlreiche Experten oder solche, die sich dafür halten, dürfen Seiten mit ihren Erwägungen hierzu füllen. Natürlich werden hierbei vor allem auch Aspekte der Religion bemüht, und das Kreuz je nach Sichtweise als ein andere Religionen ausgrenzendes Symbol gebrandmarkt oder wie es die CDU in ihrer Antragsbegründung tut, als ein Symbol »für die universelle Botschaft des Christentums: Friede, Liebe, Gerechtigkeit und Barmherzigkeit«.

Beides erscheint mit in diesem Zusammenhang maßlos dick aufgetragen. Ich bin versucht zu sagen: »Lasst mal mal die Kirche im Dorf« – auch wenn dieses Bild gerade in diesem Zusammenhang nicht ganz stimmig ist.

Das Humboldt-Forum ist keine Kirche und will auch keine sein – wie übrigens auch andere ehemals kirchliche Bauten, die heute kulturellen Nutzungen dienen, keine Kirche mehr sind, aber oft noch voll von christlicher Symbolik. Ich erinnere nur an die Nikolaikirche oder die Friedrichwerdersche Kirche in Sichtweite des Humboldt-Forums.

Es handelt sich bei den christlichen Symbolen an diesen Bauten um historisch bedingte architektonische Merkmale, die man weder in der einen noch der anderen Richtung überhöhen sollte. Ich kann nur davor warnen, lustvoll von allen Seiten über das Stöckchen zu springen, das von der Stiftung Zukunft Berlin hingehalten wird.

Auch der Nebenschauplatz der privaten Finanzierung des Kreuzes sollte die Diskussion nicht bestimmen. Natürlich ist dieses Kreuz nicht ein Gedenkkreuz für eine einzelne Person, auch wenn die Witwe des Verstorbenen einen wichtigen finanziellen Beitrag geleistet haben mag. Doch die Finanzierung des Humboldt-Forums steht nun mal insgesamt auf verschiedenen Säulen, wovon Privatspenden eine Säule sind. Der Schlossförderverein mag symbolisch bei der Spendeneinwerbung zur Förderung bestimmter Steine oder Skulpturen aufrufen, aber hierdurch werden keine Eigentumsrechte begründet und dies gilt ebenso für das Kuppelkreuz.

Der Stiftungsrat der Stiftung Humboldt-Forum hat gerade die Ausführung der Kuppel in der bisher vorgesehenen Form beschlossen – und zwar mit Sicherheit nicht deshalb, weil die Berlin CDU-Fraktion es in ihrem Antrag fordert, den wir ablehnen sollten.

Ich danke für die Aufmerksamkeit!

(Hinweis: Das gesprochene Wort kann von diesem Manuskript abweichen.)