Plenarrede contra eine unwirksame Klausel

[Plenarrede vom 30.01.2020]

Frau Präsidentin,

meine sehr verehrten Damen und Herren,

die CDU legt hier einen Antrag vor, der die Vergabe von staatlichen Fördermitteln u. a. im Kulturbereich neben dem Bekenntnis zur freiheitlich demokratischen Grundordnung auch an die ausdrückliche Anerkennung des Existenzrechts Israels binden will. Wir lehnen dies ab, weil a) Kulturschaffende und andere Zuwendungsempfänger unter Generalverdacht gestellt werden und b) eine solche Klausel nicht geeignet wäre, den gewünschten Zweck überhaupt zu erzielen.

Selbstverständlich sollen weder Antisemiten noch andere Extremisten Geld vom Staat erhalten. Doch die von der CDU vorgeschlagene Klausel ist nicht geeignet, dies zu erreichen.

Nehmen wir doch den Fall, den die CDU in der Begründung ihres Antrags selbst exemplarisch anführt: Das Berliner Pop-Kultur-Festival sah sich in den Jahren 2017 und 2018 mit einer international agierenden Boykott-Bewegung konfrontiert, die für die Absagen prominenter Künstler sorgte. Dahinter stand – tatsächlich – eine antiisraelische Kampagne, initiiert von der international operierenden israelfeindlichen BDS-Bewegung, deren Ziel die wirtschaftliche, politische und kulturelle Isolierung Israels ist. Die BDS-Kampagne hat in der arabischen Welt besonders großen Einfluss, Künstler, die ihrem Boykott-Aufruf nicht folgen, müssen damit rechnen, in ihren Heimatländern Probleme zu bekommen. Aber auch in England oder den USA finden sich Unterstützer der global aktiven BDS-Bewegung.

Doch weshalb wurde das Berliner Pop-Kultur-Festival überhaupt boykottiert? – Die israelische Botschaft hatte das Festival mit 1.200 Euro Reisekostenzuschüssen unterstützt und wurde daher auch als Unterstützer auf der Homepage des Festivals genannt. Die bloße Nennung Israels reichte der Boykott-Bewegung bereits aus, um die Künstler von der Teilnahme abzuhalten. Doch Festivalleiterin Katja Lucker ließ sich davon nicht beeindrucken und erklärte im Deutschlandfunk   „Natürlich machen wir weiter was mit Israel“.

Und jetzt erklären Sie uns mal, werte CDU, wie eine erweiterte Demokratieklausel den Boykott des Festivals hätte verhindern können? Zumal noch vor dem Hintergrund, dass die geförderten Veranstalter ja keineswegs eingeknickt sind. Oder hätte das Festival nun auf die finanzielle Förderung durch die israelische Botschaft verzichten sollen, damit jene Künstler dann doch auf der Bühne stehen, die sich durch ihre Absage ja erst als israelfeindlich bekannt haben?

Steckt hinter Ihrem kruden Antrag nicht eher der Versuch, über die drohende Versagung von Förderung bzw. deren Rückforderung staatlich Geförderte dazu zu bringen, ihrerseits bestimmte Gruppen von vornherein auszugrenzen? Das hätte zur Folge, dass Dialog, Kunst, Kultur und auch Extremismusprävention weniger gefördert, als vielmehr unterworfen würde!

Diesen Versuch hat ja die schwarz-gelbe Bundesregierung bereits 2010 unternommen und eine sehr umstrittene Demokratieklausel eingeführt, die nicht nur das Bekenntnis zur freiheitlich demokratischen Grundordnung von den Geförderten verlangte, sondern auch, dass sie dafür – ich zitiere – „Sorge zu tragen [haben], dass die als Partner ausgewählten Organisationen, Referenten etc. sich ebenfalls den Zielen des Grundgesetzes verpflichten“. Das war im Grunde eine Aufforderung zur Gesinnungsprüfung – und ggf. Ausforschung – aller beteiligter Dritter. Das kann nicht die Aufgabe von Kulturschaffenden sein – und auch nicht in der Gefängnisseelsorge oder Extremismusprävention. Ich betone noch einmal: Prävention!

Die SPD-Fraktion lehnt den Antrag daher ab.

Ich danke für die Aufmerksamkeit!

[Hinweis: Das Manuskript kann vom Redevortrag abweichen.]