Plenarrede: Museen öffnen?

Frau Präsidentin,

meine sehr verehrten Damen und Herren!

Über Lockerungen der Beschränkungen, die der Bekämpfung der Pandemie dienen, wird öffentlich nachgedacht seit uns dieses verflixte Virus im Griff hat. – „Wer darf ab wann wieder was?“ – das sind die W-Fragen, die uns alle dabei umtreiben.

Und heute denken wir auf AfD-Antrag über die Öffnung von Museen öffentlich nach. Zumindest scheint dies so. Aber auch diesmal kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass es um parlamentarisches Nachdenken gar nicht geht, sondern schlicht darum, das Parlament irgendwie zu beschäftigen und von der eigentlichen Arbeit abzuhalten.

Sie stellen in Ihrem Antrag und dessen Begründung teilweise Dinge fest, denen man zustimmen könnte – das ist bei AfD-Anträgen ja nicht so häufig der Fall – , aber es wäre auch schön, wenn Ihre Anträge mal etwas Stichhaltiges zu den durchaus wichtigen Fragen beitragen würden. Nur leider ist dies auch diesmal nicht der Fall.

Da wäre z.B. der Inzidenzwert. Er ist zwar eine wichtige Bezugsgröße, um Öffnungsstrategien zu erarbeiten. Aber die Fixierung allein auf diesen Wert, das habe ich bereits in der letzten Plenarsitzung gesagt, ist nicht zielführend. Man muss weitere, dynamische Faktoren berücksichtigen und in die Erarbeitung eines Stufenkonzepts miteinbeziehen. Neben dem Inzidenzwert ist der Reproduktionswert R0 zu berücksichtigen, denn die neuen Mutationen sind leider sehr viel ansteckender als die Variante der ersten Welle. Weiter ist die Auslastung der Intensivbetten zu berücksichtigen sowie die Quote bereits Geimpfter.

Die Dynamik der Pandemie sorgt nun auch dafür, dass hier ein Antrag verhandelt wird, dessen erste Prämisse, nämlich dass die Inzidenzwerte sinken, schon nicht mehr zutreffend ist. Am 9. Februar waren insgesamt zwar höhere Ansteckungszahlen in Berlin zu verzeichnen als heute, doch insgesamt konnte ein Rückgang von – 24 % in der 7-Tage-Inzidenz verbucht werden. Heute liegt sie bei 60,4 und verzeichnet einen Anstieg von + 12 %.

Der vorliegende Antrag schlägt nun vor, ab einer Inzidenz von 50 die Museen wieder zu eröffnen. Dies wäre auf jeden Fall ein Berliner Alleingang, der im Gegensatz zu den Übereinkünften der Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten stünde, die sich aus gutem Grund auf einen gemeinsamen Stufenplan verständigt haben.

Dieser Stufenplan, nach dem Öffnungen erfolgen, sofern es das Infektionsgeschehen zulässt, koppelt die Öffnungen auch an andere gesellschaftliche Bereiche. Phase 1 umfasst Kulturangebote für Kinder- und Jugendliche sowie außerschulische Bildungsangebote im Zusammenhang mit der Aufnahme des Schulbetriebs

In Phase 2 öffnen Kulturveranstaltungen in Räumen, die großen Abstand ermöglichen und auch ein geeignetes „Crowdmanagement“ anwenden. Hierunter fallen Museen, Galerien, Gedenkstätten, wobei Veranstaltungen in Innenräumen zunächst ausgesetzt bleiben. Die Öffnung der genannten Kultureinrichtungen geschieht im Zusammenhang mit der Öffnung des Einzelhandels. Hier sind Raumgröße und Belüftung, die Sie in Ihrem Antrag anführen berücksichtigt.

Der Vollbetrieb von Museen fällt in Phase 3, wenn auch Theater, Opernhäuser, Konzerthäuser etc. ihren Betrieb wieder aufnehmen. Hier ist ein Zusammenhang mit der Öffnung von Gastronomie und Hotellerie angedacht.

 

Der Antrag möchte nun die Öffnung der Museen einerseits an einen Inzidenzwert von 50 und andererseits an die Maßgabe „Kinder- und Jugendangebote zuerst“ koppeln.

Eine Inzidenz von 50 reiche aus, da es sich um große Räume mit modernen Belüftungsanlagen handle. Aber große Räumlichkeiten finden Sie auch in einem Kaufhaus. Zudem glauben Sie, in Museumsbesuchern per se  verantwortungsvolle Menschen zu erkennen, die sich ganz unbedingt an die Abstands- und Hygieneregeln halten. Das tun die Kunden eines Kaufhauses in der Regel auch. Ihr Menschenbild in allen Ehren – aber es reicht ja aus, wenn sich Einzelne eben nicht an die Regeln halten und sich als wenig verantwortungsvoll und regelkonform erweisen. Es gibt auch Menschen, wie jüngst im Pergamon, die Exponate schwer beschädigen.

Des Weiteren meinen Sie, es gäbe aufgrund der stundenlangen Öffnungszeiten keinen Besucherstrom. Das ist ja interessant – haben Sie noch nie die Warteschlangen auf der Museumsinsel gesehen? Es ist ja nicht so, dass nur Touristinnen und Touristen ins Museum gehen möchten. Bei mehr als 3,5 Mio. Einwohnern können wir selbst für Schlangen sorgen…

Die Öffnung der Museen soll laut Antrag auch deshalb vorgezogen werden, weil sie als außerschulische Lernorte genutzt werden. Ob man aber die Museen für den allgemeinen Publikumsverkehr öffnen muss, um Schulklassen dort einen Besuch zu ermöglichen, möchte ich bezweifeln.

Es geht ja bei der Eindämmung der Pandemie nicht nur um die Zielorte selbst, sondern vor allem auch um die Wege dorthin. Bereits ab einer Inzidenz von 50 unbedingt Schulklassen per ÖPNV in Museen zu transportieren, obwohl man durch die Schließung auch von schulischen Einrichtungen die Verkehre zu vermeiden sucht, ist doch widersinnig!

Stichhaltige Argumente, die Öffnung von Museen an die Öffnung von Kinder- und Jugendeinrichtungen zu koppeln, sehe ebenso wenig wie die Sinnhaftigkeit, aus der gemeinsamen Linie der Bundesländer auszusteigen.

Ich bitte Sie daher, liebe Kolleginnen und Kollegen, der Beschlussempfehlung des Kulturausschusses vom 15. Februar zu folgen und den Antrag abzulehnen!

Ich danke für die Aufmerksamkeit!

 

Eine Aufzeichnung der Rede kann auf der Webseite des rbb hier abgerufen werden.