Berliner Großmarkt

Zusagen einhalten – Dialog mit Interessengemeinschaft Lebensmittel- und Frischecluster Berlin nicht verweigern. Plenarrede vom 22.03.18

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren,

dieser FDP-Antrag lässt bereits in seiner zweigeteilten Überschrift einen aufschlussreichen Einblick in das Politikverständnis der FDP zu!

Im ersten Teil heißt es »Zusagen einhalten« – wobei der Senat zu keinem Zeitpunkt eine Zusage abgegeben hat, den Großmarkt auf lange Zeit an die IG LFC zu verpachten. Die Wirtschaftssenatorin zeigte sich von Beginn an durchaus offen, mit der Genossenschaft über neue Konzepte für den Großmarkt zu reden, was ja auch geschieht.

Wenn die FDP hier aber bereits eine Zusage für einen langfristigen Erbbaurechtsvertrag hineininterpretiert, ist dies einfach unseriös!

Es erinnert wieder an den ebenfalls unseriösen Umgang dieser Partei mit ihrem Flughafen-Volksbegehren. Dort hatte die FDP bekanntlich nicht die Traute, dem Volk einen konkreten Gesetzesentwurf zur Abstimmung vorzulegen, sondern beließ es bei einem allgemeinen Appell, der Senat möge sich für die Offenhaltung von Tegel einsetzen. Nachdem dies nun von einer – im Übrigen auch nicht überwältigenden – Mehrheit unterstützt wurde, geht die FDP nun daher und erklärt, damit sei die Frage einer dauerhaften Offenhaltung des Flughafen Tegel entschieden und es ginge nur noch um das »Wie«, nicht mehr um das »Ob«. Das ist nicht seriös!

In gleicher Weise versucht die FDP nun, beim Großmarkt Klientel-Politik zu machen und das Gesprächsangebot des Senats in eine schon gemachte Zusage umzudeuten.

Und da sind wir beim zweiten Teil der Überschrift, der Senat solle »den Dialog mit der IG LFC nicht verweigern«. Nein, dieser Dialog wird auch nicht verweigert, sondern findet statt!

Nach einigen Anlaufschwierigkeiten hat es die Interessengemeinschaft Anfang des Jahres nun geschafft, beim Senat ein Konzept einzureichen, das derzeit geprüft wird.

Aber natürlich muss es doch vor einer so weitreichenden Entscheidung wie der Verpachtung eines landeseigenen Großmarktes auf vier Jahrzehnte erlaubt sein, die Frage zu stellen, ob das Konzept tragfähig ist, ob wirklich exklusiv und damit andere mögliche Interessenten diskriminierend eine Direktvergabe stattfinden soll und ob das Land gut beraten ist, die faktische Hoheit über das Großmarktgelände auf so lange Zeit abzugeben.

Nach meinem Dafürhalten ist die Logistik zur Lebensmittelversorgung einer Großstadt durchaus Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge. Es wird oft eingewandt, dass die Versorgung mit Brot, Gemüse, Fleisch und anderen elementaren Lebensmitteln doch nicht staatlich organisiert wird oder werden sollte. Nein, soll sie auch nicht!

Aber die Infrastruktur, über die private Anbieter von Lebensmitteln aus dem landwirtschaftlichen oder aus dem handwerklichen Bereich ihre Waren in der Stadt vermarkten können, ist Teil der Daseinsvorsorge!

Ja, wir wollen die regionale Lebensmittelversorgung aus Berlin und Brandenburg stärken und wollen auch Spezialangeboten aus Lebensmittel-Manufakturen und kleineren Betrieben eine Chance geben, wie es beispielsweise in der Markthalle 9 in Kreuzberg geschieht. Aber natürlich kann es auch nicht nur um Nischenprodukte gehen.

Wir führen einen breiten Dialog mit allen Beteiligten – hierzu gehört die »Interessengemeinschaft Lebensmittel- und Frischecluster Berlin«, die allerdings auch nicht einmal die Hälfte der derzeit am Großmarkt tätigen Unternehmen vertritt. Ihre Ideen sind zweifelsohne interessant. Der Großmarkt muss modernisiert und anders aufgestellt werden. Inwiefern allerdings der Umbau oder Abriss einer in die Jahre gekommenen Fleischhalle ein Präjudiz für oder gegen jemanden sein kann, wie im FDP-Antrag unterstellt, bleibt rätselhaft. Der Großmarkt bedarf der Investition und bedarf frischer Ideen. Hier kann sich Interessengemeinschaft möglicherweise auch einbringen, ohne das Großmarktgelände per Erbbaurecht übertragen zu bekommen. Es kommt auf das Miteinander aller Beteiligten einschließlich der Leitung der BGM an, die sich auch bewegen muss!

Dieser Beteiligungsprozess ist in vollem Gange, und es steht uns gut an, ihn von politischer Seite zu begleiten, zu strukturieren und ihn nicht mit dringlichen Anträgen á la FDP ad hoc in einseitiger Weise zu verengen!

Ich danke für die Aufmerksamkeit!

[Das gesprochene Wort kann vom Manuskript abweichen]