Die neue Zentral- und Landesbibliothek
Die neue Zentral- und Landesbibliothek. Plenarrede vom 26.04.18 zum CDU-Antrag
Sehr geehrte Damen und Herren,
sehr geehrter Herr Präsident,
die öffentlichen Bibliotheken Berlins sind die meistgenutzten Kultureinrichtungen der Stadt. Bereits im Koalitionsvertrag hat sich R2G dafür ausgesprochen, das öffentliche Bibliothekssystem zu stärken und zukunftsfähig zu gestalten. Die Bibliotheksversorgung in Berlin muss nach zeitgemäßen Qualitätsstandards flächendeckend gewährleistet sein. Mit der Zusammenführung der Zentral- und Landesbibliothek an einem Standort soll ein deutliches Zeichen für kulturelle Bildung und lebenslanges Lernen gesetzt werden. Über den Standort soll unter Berücksichtigung partizipativer Prozesse entschieden werden. Diese Entscheidung soll als gerade nicht von oben herab gefällt werden. Das aber ist genau die implizite Forderung, die der Antrag der CDU enthält.
Nur um an sich bekannte Unterschiede noch einmal herauszustellen: Partizipation ist für uns ein Aspekt guter und transparenter Regierungsarbeit. Über die Köpfe der Bürgerinnen und Bürger hinweg »durchzuregieren« dagegen nicht!
Ziel der Koalition ist es, das Bibliotheksnetz auf Basis eines abgestimmten Bibliothekentwicklungsplans zu sichern sowie zukünftigen Bedürfnissen anzupassen und auszubauen. Ziel ist es unter anderem, Kompetenzen und Funktionen der relevanten Einrichtungen und Verbünde genauer zu definieren, die Zusammenarbeit etwa mit Kitas und Schulen zu optimieren sowie die Implementierung von neuen Technologien und Programmen zu gewährleisten. Die Berliner öffentlichen Bibliotheken sollen zur Förderung der Informations- und Medienkompetenz ihre Angebote an Mobile Devices, Smartboards, Apps und E-Medien ausweiten. Ein zentraler Leitgedanke ist es, in allen Altersgruppen die Kompetenzen zu fördern, digitale Texten und Inhalte zu verstehen, zu deuten und mit ihnen produktiv umzugehen (»Digital Literacy«).
Wir knüpfen damit an den klassischen Kern öffentlicher Bibliotheksarbeit an. Dieser ist das Teilen von Wissen, Bildung und Kultur und der entsprechenden Medien sowie des Raums für die Medienaneignung. Dadurch unterstützen Bibliotheken die individuelle Entwicklung der Bürgerinnen und Bürger in der Demokratie.
Der Sinn einer neuen Zentralen Landesbibliothek liegt insbesondere darin, die aufgrund der Teilung des Stadt entstandene Spaltung der Medienbestände wieder aufzuheben und damit zugleich die Chance zu nutzen, eine moderne und auch zukünftigen Herausforderungen gewachsene Bibliothek zu errichten.
Derzeit ist die größte öffentliche Bibliothek Deutschlands auf drei Standorte verteilt – die Amerika-Gedenkbibliothek, die Berliner Stadtbibliothek und das Außenmagazin im Westhafen. Das verteuert den Betrieb, ist benutzerunfreundlich und widerspricht auch der Aufgabe der ZLB, ein gutes Bildungsangebot für alle Berlinerinnen und Berliner zu ermöglichen.
Pläne für einen ZLB-Standort gehen über 100 Jahre zurück, wurden jedoch aufgrund der beiden Weltkriege nicht ausgeführt und anschließen verhinderte die deutsche Teilung für Jahrzehnte die Zusammenführung.
Dadurch ist Berlin die einzige deutsche Großstadt, die keine Zentralbibliothek an einem Ort hat. Auch international liegen neue Zentralbibliotheken im Trend. In Rotterdam, Riga, Birmingham und Helsinki wurden kürzlich neue Zentralbibliotheken gebaut. Die in Riga hat der Kulturausschuss auch in Augenschein genommen.
Hier wird deutlich, dass es um viel mehr, als nur die Unterbringung von Bücherregalen geht, sondern um das Medienangebot in seiner ganzen Breite.
Die Herausforderungen der Zukunft sind zum einen die wachsende Stadt und zum anderen der digitale Medienwandel. Daraus ergeben sich für eine neue ZLB naturgemäß die Forderung nach einer adäquaten Größe bzw. Erweiterbarkeit sowie die nach einer modernen und zukunftsfähigen Ausstattung. Das sieht die CDU-Fraktion in ihrem Antrag durchaus richtig. Nur ist es nicht so, dass die Koalition solcher Nachhilfe bedürfe – tatsächlich kann man dem Koalitionsvertrag ja leicht entnehmen, dass Derartiges beabsichtigt ist.
Ja Herr Juhnke, wenn Sie beklagen, dass sich in den letzten eineinhalb Jahren nichts bewegt hat, in den 5 Jahren zuvor mit CDU-Regierungsbeteiligung haben Sie auch nichts bewegt.
Die große Hoffnung, auf dem Gelände des ehemaligen Flughafens in Tempelhof eine moderne und zukunftsfähige neue Landeszentralbibliothek zu errichten, mussten aufgrund des Volksentscheids 2014 leider begraben werden. Seinerzeit wurde kräftig Stimmung gegen – wie es damals manchmal hieß – »dem Wowereit seine Gedenkbibliothek« gemacht und mal wieder bewiesen, wie man mit Emotionen Politik machen und gute Ideen torpedieren kann. Am Beispiel des Flughafens Tegel hat sich das Spielchen ja wiederholt.
Es war absehbar, dass insbesondere die Amerika-Gedenkbibliothek nun aus allen Nähten platzt. Durchschnittlich suchen täglich 3000 Besucher die AGB auf. Es ist also – da gebe ich den Kolleginnen und Kollegen von der CDU Recht – an der Zeit für eine Standortentscheidung. Diese Entscheidung sollte aber im Sinne der Partizipation gefällt werden, damit sich eine Enttäuschung wie die von 2014 nicht wiederholt. In der Tat hat der Kultursenator ja auch kürzlich eine baldige Entscheidung über den Standort in Aussicht gestellt, und wir werden ihn dabei begleiten.
Ich danke für die Aufmerksamkeit.
[Das gesprochene Wort kann vom Redemanuskript abweichen]