Plenarrede zum Kulturforum / Museum der Moderne
Plenarrede zum Kulturforum / Museum der Moderne
am 26.09.2019
Frau Präsidentin,
meine sehr verehrten Damen und Herren,
kurios und chaotisch wie gewohnt legt die AfD mal wieder einen Antrag vor, in dem sie auch diesmal verschiedene Aspekte miteinander vermischt. Ich nehme das zum Anlass, hier einmal ein wenig aufzuräumen: Der mit heißer Nadel gestrickte Antrag wendet sich gegen den geplanten Bau des „Museums der Moderne“ auf dem Kulturforum. Dieses werde a) zu teuer, b) zu hässlich, c) zu tiefgeschossig und d) zu singulär geplant. Hier werden also finanzpolitische, architektonische bzw. stadtentwicklungspolitische Aspekte miteinander vermengt. Zum kulturellen Aspekt – den ein Museum nun zweifelsohne hat – verliert sie hingegen kein Wort. Für mich als kulturpolitischen Sprecher der SPD-Fraktion ist aber gerade dieser Aspekt vorrangig.
Was ist denn der Zweck des Museums der Moderne? Es soll adäquaten Raum schaffen für bedeutende Kunstwerke der Moderne – in Berlin als Kunst- und Kulturmetropole des 20. Jahrhunderts. Auf dem Kulturforum, das selbst ein Kind des 20. Jahrhunderts ist.
Die Nationalgalerie als Institution widmet sich der Kunst der Moderne, die seit dem 19. Jahrhundert bis in die Gegenwart in Berlin entstanden ist bzw. hier gesammelt wurde. In der Alten Nationalgalerie auf der Museumsinsel wird die Kunst des 19. Jahrhunderts bis hin zum Impressionismus und dem Beginn des Expressionismus umfangreich präsentiert. Für die in der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts und im beginnenden 21. Jahrhundert entstandene Kunst ist hingegen zu wenig Raum vorhanden. Der Hamburger Bahnhof ist sicherlich ein herausragender Ort der Präsentation zeitgenössischer Kunst, doch sind die räumlichen Möglichkeiten sehr begrenzt – zumal nun auch die Rieckhallen zur Disposition gestellt werden.
Der Neubau eines Museums der Modernen Kunst ist daher kein Luxus, sondern eine zwingende Notwendigkeit, wenn Berlin als internationale Kulturmetropole den Anschluss nicht verlieren möchte.
Glücklicherweise gibt es von privater Seite großzügige Angebote, Berlin hochkarätige Kunstsammlungen zur Verfügung zu stellen, die im geplanten Museum gezeigt werden sollen. Die Kunstsammler und Mäzene Marx, Marzona und Pietzsch sind hierzu allerdings nur bereit, wenn ihre Sammlungen angemessen präsentiert werden können. Der bedeutende zeitgenössische Künstler Gerhard Richter hat zudem angekündigt, Berlin ein Konvolut seiner wichtigsten Werke zur Verfügung zu stellen – natürlich ebenfalls unter der Bedingung einer adäquaten Präsentation.
Und wo anders als in einem geeigneten Neubau könnte dieser Raum entstehen? Aus diesem Grund darf sich Berlin freuen, dass der Bund und die Stiftung Preußischer Kulturbesitz vor einigen Jahren die Realisierung dieses für Berlin wichtigen Museumsbaus in die Wege geleitet haben.
Es ist darüber hinaus zu begrüßen, wenn der Museumsbau am Kulturforum entstehen soll, wo in unmittelbarer Nähe die Neue Nationalgalerie, das Kunstgewerbemuseum und die Gemäldesammlung alter Meister ihren Ort gefunden haben. Dieses zweite Zentrum kultureller Einrichtungen neben der Museumsinsel, das seine Entstehung der Teilung Berlins verdankt, verfügt über herausragende Architektur von Scharoun und Mies van der Rohe, doch blieb als Stadtraum bislang unvollendet. Eine jahrzehntelange Diskussion um die Errichtung eines von Scharoun geplanten Gästehauses oder eines anderen zentralen Gebäudes hatte letztendlich zu keinem Ergebnis geführt. Von daher bietet der Bau des Museums der Moderne funktional wie stadträumlich die Möglichkeit einer Vollendung.
Inwieweit der siegreiche Entwurf des Schweizer Büros Herzog & de Meuron die ideale Ergänzung darstellt, mag unterschiedlich beurteilt werden, jedoch hat ein transparenter Wettbewerb stattgefunden und ein erstes Ergebnis hervorgebracht, was nun bereits wieder drei Jahre zurückliegt. Der Entwurf hat seither im Inneren wie im Äußeren Überarbeitungen erfahren und der Bebauungsplan ist erstellt. Das Ansinnen der AfD, alles wieder auf Null zu stellen, würde zu einer unvertretbaren, weiteren Verzögerung des Projekts führen und im Übrigen durchaus keine Kosten einsparen. Außerdem sind Geschmacksfragen kein hinreichender Grund für einen Projektstopp und Neukonzeption, die ebenso wenig Chancen hätte, es allen recht zu machen. Der Bau sollte nicht noch weiter hinausgezögert werden.
Der Architektur ist natürlich auch ein künstlerischer und kultureller Wert eigen. Dennoch ist nicht die äußere Gestaltung eines Museums dafür entscheidend, dass ein Ort Anziehungskraft entwickelt, sondern vielmehr das, was es beherbergt. Es geht hier darum, einen angemessenen Raum für bedeutende Kunstwerke des 20. und 21. Jahrhunderts zu schaffen, meine Damen und Herren!
Im Übrigen wäre es schön, wenn der Künstler Gerhard Richter und Mäzene noch erleben dürfen, dass Berlin adäquaten Raum für ihre Werke schaffen kann. – Auch deshalb kann der Bau nicht noch viele Jahre auf sich warten lassen.
In ihrer Begründung hebt die AfD vor allem auch auf den Kostenaspekt ab und stellt das Projekt in eine Reihe mit dem Flughafenbau oder der Hamburger Elbphilharmonie. Das führt m. E. in die Irre. Zwar ist die Elbphilharmonie tatsächlich auch ein Kulturbau und wurde ebenfalls von Herzog & de Meuron entworfen, aber es würde lohnen, meine Herren von der AfD, sich mit den Ursachen der Kostensteigerung dort in Hamburg einmal näher auseinander zu setzten. Ich war gerade in der vergangenen Woche dort, habe mit der Geschäftsleitung der Elbphilharmonie gesprochen und durfte einen Eindruck von diesem gelungenen Kulturgebäude gewinnen. Ich bin überzeugt, dass die Kompetenz der Schweizer Architekten in Berlin für einen funktional herausragenden Museumsbau sorgen wird.
Ich danke für die Aufmerksamkeit!