Rede zur Aktuellen Stunde: »Weitere wirksame Corona-Hilfen für Berlins Bevölkerung und Wirtschaft«

Herr Präsident!

Meine sehr verehrten Damen und Herren!

Herr Gräff, Sie haben oft das Wort »Skandal« in Ihrer Rede benutzt. Skandalös und von Unwissenheit geprägt ist Ihre Rede gewesen!

Damit ist wirklich keinem Unternehmen geholfen, dass Sie sich hier in dieser Weise produzieren. Auch nicht damit, dass Sie die Bundesebene sozusagen aufspalten. Ich hatte in meinem Redemanuskript den Namen Altmaier bisher gar nicht stehen, aber wenn Sie nun dermaßen einseitig auf Ressorts in der Bundesregierung hinweisen, die daran schuld sein sollen, muss man natürlich sagen: Herr Altmaier ist tatsächlich der für die Wirtschaft verantwortliche Minister.

Wenn Sie konstatieren, dass wir uns natürlich Kongresse wünschen, dass wir wollen, dass Gastronomie öffnet, dass Veranstaltungen stattfinden: Ja, das wollen auch wir alle.

Ich will mal kurz erklären, was Ihnen vielleicht entgangen ist: Seit ziemlich genau zehn Monaten fesselt die Corona-Pandemie mit all ihren Auswirkungen unser Land und unsere Stadt. Nach einem harten »Lockdown« Mitte März, der das öffentliche Leben weitgehend zum Erliegen brachte, vor allem die Kultur und weite Bereiche der Wirtschaft wie Handel, Hotellerie und Gastronomie erlebten wir dann ab Juni einen halbwegs normalen Sommer. Wir mussten uns zwar daran gewöhnen, beim Einkauf Gesichtsmasken zu tragen, und Veranstaltungen fanden nur unter strengen Hygieneregeln und mit stark reduzierten Besucherzahlen statt, aber das wirtschaftliche und kulturelle Leben kehrte schrittweise zurück.

Eine mögliche zweite Welle der Pandemie im Winterhalbjahr stand zwar den Sommer über wie ein Menetekel an der Wand und doch traf sie uns dann im Herbst früher und härter als die meisten von uns gedacht hätten. Was im Oktober mit »Beherbergungsverboten« in einzelnen Bundesländern und vorgezogenen Schließzeiten für Restaurants begann, führte schnell in den »November-Lockdown«. Aber noch immer herrschte die Hoffnung, mit diesem befristeten »Lockdown light«, wie er auch genannt wurde, ließe sich die Lage wieder in den Griff bekommen, ohne dass noch einmal ein »harter Lockdown« notwendig werden könnte.

Doch bereits dieser »Lockdown light« hat viele hart getroffen, vor allem den Kultur- und Veranstaltungsbereich sowie die Gastronomie. Das Land stellte für diese Branchen gezielte Hilfen bereit wie z.B. die Soforthilfe für die Schankwirtschaft, um die Umsatzeinbußen durch die coronabedingten Schließzeiten ab 23 Uhr aufzufangen, oder die Soforthilfe IV speziell für Kulturunternehmen in mehreren Tranchen. Berlin als Stadt der Kultur- und Kreativwirtschaft legte hier ein eigenes Programm auf, um über die Senatsverwaltung für Kultur und Europa private Museen, Theater, Musikensembles, Musiktheater, Clubs / Musikspielstätten mit einem Schwerpunkt auf einem Livemusikprogramm und / oder einem kuratierten Programm, Festivals, Kinos, Unternehmen im Bereich Herstellung von Filmen, Videofilmen und Fernsehprogrammen zu unterstützen.

Der Bund beschloss seinerseits November- und Dezemberhilfen, um die von Schließung »direkt und indirekt betroffenen Unternehmen aller Größen und Branchen« zu unterstützen und legt nun die Überbrückungshilfe III auf. – Gewiss, es ist unbefriedigend, wenn die Novemberhilfen erst jetzt im Januar vollständig fließen, aber angesichts des gewaltigen nicht nur finanziellen Kraftakts auf allen politischen Ebenen auch ein Stück weit nachvollziehbar. Ich will mich aber nicht an der Bundesebene mit Schuldzuweisungen an einzelne Regierungsmitglieder abarbeiten wie Herr Gräff und auch nicht wie Frau Ludwig.

Die Berliner Wirtschaft wird aus  Bundesmitteln ebenso unterstützt wie mittelbar auch die Bevölkerung. Insbesondere das seit Beginn der Pandemie aufgestockte Kurzarbeitergeld hat sich als wirksames Instrument zum Erhalt von Arbeitsplätzen und zur Stützung von Unternehmen in Zeiten der Unterbeschäftigung erwiesen. Neustarthilfen für Soloselbständige ergänzen das Förderportfolio des Bundes.

Doch auch das Land Berlin unternahm 2020 enorme finanzielle Kraftanstrengungen, die noch zu Beginn des letzten Jahres mit Sicherheit ins Reich der Utopie verwiesen worden wären. Schon im Sommer in einem ersten Nachtragshaushalt wurden 500 Mio. zusätzlich an Krediten aufgenommen und in einem zweiten Nachtragshaushalt zum Jahresende erneut, um eben – wie es der Titel dieser Aktuellen Stunde sagt – weitere wirksame Coronahilfen für Berlins Bevölkerung und Wirtschaft zu leisten.

Es ging von Anfang an darum, das Gesundheitssystem bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie zu stärken und die Berliner Wirtschaft zu unterstützen. Zu den ersten Maßnahmen zählte die Errichtung eines Corona-Behandlungszentrums auf dem Messegelände. Des Weiteren ging es um die Unterstützung einiger besonders von der Coronakrise betroffener Branchen wie den Gastronomie- und Veranstaltungsbereich. Ein Kongressfonds wurde aufgelegt, spezielle Hilfen für Unternehmen aus dem Tourismus oder Modebranche, für Start-ups, und branchenübergreifend werden Gewerbemietenhilfen gezahlt sowie eine Digitalprämie. Öffentliche Unternehmen, die durch die Pandemie in besonderem Maße durch Einnahmeausfälle beeinträchtigt sind, wie die Messe Berlin oder die Flughafengesellschaft, erhielten dringend benötigte Unterstützung.

Mit der zusätzlichen Kreditaufnahme in Höhe von 500 Millionen Euro im November wurden Mittel für die Fortführung bisheriger sowie weiterer Programme zur Verfügung gestellt. Neben gezielten Hilfen für Wirtschaft und Kultur, mit denen Lücken in den Bundeshilfen gefüllt werden und auf spezifische Berliner Bedürfnisse eingegangen werden kann, sollen zum Beispiel Familien mit besonderen Betreuungsbedarfen unterstützt werden. Und es geht um weitere coronabedingte Finanzierungsbedarfe etwa bei der Kältehilfe, um die Schutz- und medizinische Ausrüstung von Polizei und Feuerwehr oder die Verbesserung der Online-Vermittlung von Unterrichtsstoff durch die Beschaffung von mobilen Endgeräten.

All diese Maßnahmen stellen ein Notprogramm dar – leider gibt es kein Patentrezept und auch keine historischen Erfahrungen für die Bewältigung einer solchen Pandemie und ihrer Folgen. Dennoch scheint es immer wieder Kolleginnen und Kollegen zu geben, die alles besser wissen. Wird etwa die Auszahlung von Soforthilfen »schnell und unbürokratisch« geregelt, dann werden die auftretenden Betrugsfälle vorwurfsvoll hervorgehoben. Wenn aber die Anträge sorgfältig geprüft werden, um eben solche Betrugsfälle zu verhindern, kann es den Kritikern plötzlich nicht mehr schnell genug mit der Auszahlung gehen.

Vor gerade mal einem Vierteljahr diskutierten wir hier in diesem Hause über einen Antrag, das Corona-Krankenhaus auf dem Messegelände schnellstens wieder abzubauen, damit die Innotrans im März stattfinden könne – das klang schon im Oktober absurd und heute angesichts der hohen Zahlen an Toten hier in Deutschland und anderen europäischen Ländern geradezu zynisch. – Jetzt hören wir den Vorwurf, wie verschwenderisch angeblich mit den Steuergeldern umgegangen wird, wenn Berlin Kredite aufnimmt, um die Pandemie zu bewältigen. Hierzu möchte ich nur daran erinnern, dass Berlin als Tourismus- und Kulturstandort in einem ganz besonderen Maße von der Pandemie betroffen ist. Und unsere Hilfen kommen bei den Betroffenen auch an!

Die zahlreichen Gespräche mit Kulturschaffenden, mit Beschäftigten in Pflegeberufen, Solo-Selbstständigen oder Unternehmerinnen und Unternehmern haben bei mir einen bleibenden Eindruck hinterlassen. In diesen Gesprächen spüre ich einerseits stets die große Energie und Motivation, unternehmerische Projekte anzugehen, Menschen zu helfen, Konzerte zu spielen, Theateraufführungen auf die Bühne zu bringen und Begegnungsräume mit Leben zu füllen. Andererseits begegnen mir auch Unverständnis und Verzweiflung, warum ausgerechnet man selbst betroffen sei.

Diese Pandemie ruft ja ein erhebliches Maß an empfundener Ungerechtigkeit bei den Betroffenen hervor. Während kleine Theater, Konzertsäle und Kinos ihre Pforten schließen müssen, profitieren große Streaming-Anbieter. Während  Einzelhandelsgeschäfte, Boutiquen, aber auch Karstadt von nebenan nicht mehr für die Menschen öffnen dürfen, profitieren von dieser Pandemie die größten Versand- und Onlinehändler. Begegnungsstätten, die unseren Alltag stets bereichern, müssen geschlossen bleiben, während Hass und Verschwörungstheorien im Netz ungehindert kursieren können.

Corona ist kein Wunschkonzert, sondern eine bedrohliche Krankheit. Ich habe sie selbst schon durchgemacht und kann sagen: Es ist nicht schön! Unsere Wirtschaft, unsere Kultur, unsere gesamte Gesellschaft stellt die Pandemie vor eine enorme Herausforderung, die wir nur solidarisch bewältigen können. Diese Koalition hat die finanzpolitischen Weichen richtig gestellt und geeignete Programme entwickelt, um Berlin erfolgreich durch diese Pandemie zu bringen!

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!