Verantwortung für koloniale Vergangenheit übernehmen
Plenarrede vom 04.04.2019
Frau Präsidentin,
meine sehr verehrten Damen und Herren,
dass Deutschland einmal Kolonien in Afrika und auch in Asien und Ozeanien besaß, ist aus dem nationalen Gedächtnis weitgehend verdrängt. In den ehemaligen Kolonien hingegen ist Deutschlands koloniale Vergangenheit noch spürbar, sie hat sich in die Geschichte der kolonialisierten Länder und in die Biographien der Menschen eingeschrieben. Wie sehr dies noch heute der Fall ist, zeigt das unrühmliche Beispiel des Völkermordes an den Herero und Nama, die es gewagt hatten, gegen die Kolonialherren zu rebellieren und dafür vollständig vernichtet werden sollten.
Von den 1904 auf 80.000 geschätzten Herero lebten 1911 nur noch 20.000, von den Nama hatte die deutsche Kriegsführung ca. 10.000 Menschen das Leben gekostet. Seit 2015 verhandeln die Regierungen Deutschlands und Namibias über die Anerkennung dieses Verbrechens. Dennoch reichten die Herero und die Nama 2017 bei einem New Yorker Gericht Klage gegen die Bundesrepublik ein. Sie klagten, weil nicht sie selbst als Gesprächs- und Verhandlungspartner wahrgenommen werden, sondern die Verhandlungen nur auf Regierungsebene stattfinden. Sie wollen nicht, dass die Regierung für sie spricht, sie wollen für sich selbst sprechen. Dies zeigt, wie präsent und lebendig die Erinnerung an dieses Verbrechen für die Nachfahren heute noch ist.