Mein aktueller Ausstellungstipp für den November
»Kriegsfotografinnen in Europa 1914-1945 – Kriegsalltag und Abenteuerlust« im Verborgenen Museum
Das Verborgene Museum ist die einzige Institution in Berlin, die sich um das Lebenswerk vergessener Künstlerinnen und um deren Wiederentdeckung, Präsentation sowie Publikation verdient macht.
Der Name des »Verborgenen Museums« scheint sich weniger auf das Gebäude und die Örtlichkeit zu beziehen als vielmehr auf die Künstlerinnen und ihre Werke, die hier ausgestellt werden. Das Museum selbst befindet sich seit 1986 mitten in meinem Wahlkreis in einem Hof der Schlüterstraße 70, wo es gut zu finden ist.
Doch die Ausstellungsgegenstände stammen zumeist von Frauen, die allzu oft im Verborgenen geblieben sind. Es sind Frauen, die Anfang des vergangen Jahrhunderts geboren sind und deren Lebenswerk durch die Wirren des 2. Weltkriegs in Vergessenheit geriet. Deshalb werden von den Leiterinnen des Museums sehr erfolgreich Werke aus allen Bereichen der bildenden Künste ans Licht geholt. Ein Schwerpunkt liegt bei Fotografinnen.
Die aktuelle Ausstellung will u. a. mit dem Irrtum aufräumen, die Kriegsfotografie sei stets eine reine Männerdomäne gewesen. Es werden Werke von Fotografinnen, Journalistinnen, Amateurfotografinnen und fotografierenden Krankenschwestern zwischen 1914 und 1945 gezeigt, die den Kriegsalltag in beiden Weltkriegen sowohl zu Hause wie auch in Lazaretten und »im Feld« als Beobachtende und Helfende miterlebten.
Vor allem im Spanischen Bürgerkrieg stieg die Anzahl derjenigen Frauen, die die Szenen des Krieges festhielten. Eine der bekanntesten Kriegsfotografinnen in Europa ist Gerda Taro. In Ihren Werken stehen die Menschen – nicht die Waffen und das Kriegsgeschehen – im Mittelpunkt. Eindringlich bringt sie mit ihren Fotos ihre Haltung gegen Krieg und Faschismus zum Ausdruck. Im Ersten Weltkrieg kamen die Frauen vornehmlich aus Großbritannien und Österreich. Die im Zweiten Weltkrieg fotografierenden Frauen rekrutierten sich überwiegend aus Frankreich, Griechenland, Niederlanden, Finnland, Norwegen, Südafrika, Sowjetunion sowie aus den USA. Nach den Akkreditierungen in den Archiven zu urteilen, waren es rund 120 schreibende und fotografierende Reporterinnen.
Die aktuelle Ausstellung im Verborgenen Museum beschäftigt sich mit ausgewählten Frauen aus diesen Ländern. Die Österreicherin Alice Schalek war akkreditierte Kriegsfotografin und begleitete die Soldaten 1915-1917 bis in die Gebirgszüge am Isonzo. Die Amateurfotografin Käthe Buchler aus Deutschland portraitiert 1916 Nachtwächterinnen, Briefträgerinnen, Schaffnerinnen etc., und dokumentiert damit den freiwilligen Beitrag der Frauen an der »Heimatfront«.
Die Ausstellung zeigt auch Werke von Christina Broom und Olive Edis aus London. Der Kriegsalltag sowie die Versorgung der Verwundeten wird durch die Arbeiten der Krankenschwestern Elsie Knocker, Mairi Chisholm aus Belgien und Florence Farmborough aus Russland dargestellt.
Germaine Krulls Arbeiten zeigen aus französischer Sicht die Befreiung des Elsass durch die Alliierten. Die Niederlande sind vertreten durch Eva Besnyö, welche 1940 die Folgen der Zerstörung Rotterdams durch die deutsche Luftwaffe fotografierte.
Natalja Bode und Olga Lander dokumentierten im Dienst der Roten Armee den Krieg um Stalingrad; ihre Fotografien werden im Verborgenen Museum erstmalig außerhalb Russlands gezeigt.
Die Ausstellung zeigt zum Abschluss auch Arbeiten systemverbundener deutscher Fotografinnen im Zweiten Weltkrieg wie Erika Schmachtenberger, Lala Aufsberg und Liselotte Purper. Insbesondere Ilse Steinhoff, die in den besetzten Gebieten in Libyen 1942 und auf dem Balkan 1941-1943 für die gleichgeschaltete nationalsozialistische Presse fotografierte, lässt in ihren Ausdrucksformen durchaus an Leni Riefenstahl denken – nur eben in ihrem Falle mit nicht bewegten Bildern.
Verborgenes Museum,
Schlüterstr. 70, 10625 Berlin,
Do-Fr 15-19 Uhr, Sa-So 12-16 Uhr (bis 11.02.18)
http://www.dasverborgenemuseum.de/