Michael Müller zu Gast in der Goethe15

Am Freitag, den 13. November war »Full House« in der Goethe15 angesagt. Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller war im Rahmen der Charlottenburger Gespräche bei mir zu Gast. Dabei ging es vor allem darum, Leitbild und Richtung der Regierungspolitik im direkten Dialog mit dem Publikum zu diskutieren.

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In der sehr gut besuchten Veranstaltung ging es zunächst um den Lebensweg des Regierenden. Inzwischen wissen natürlich viele Berlinerinnen und Berliner, dass ihr Regierender Bürgermeister früher zusammen mit seinem Vater eine kleine Druckerei betrieben hat. Was viele nicht wissen ist, dass es diese Druckerei heute noch gibt und sie vom Vater nun allein betrieben wird. Hier wird noch ganz klassisch im Bleisatzverfahren gearbeitet. Was viele auch nicht wissen ist, dass Michael Müller in der Freizeit immer noch aushilft, wenn die Auftragslage dies erfordert.
Ausgehend von diesen persönlichen Erfahrungen sprachen wir über die ökonomische Situation der kleinteiligen Wirtschaftsstruktur aus Handwerk und Einzelhandel, die nach wie vor typisch für Berlin ist und der nicht zuletzt aufgrund ihres kreativen Potentials auch eine große ökonomische sowie kulturelle Bedeutung zukommt. »Die Großen«, also etwa Firmen wie BMW, Siemens oder Daimler, interessieren sich für Berlin auch aufgrund dieses gut ausgeprägten mittelständischen Umfeldes. Dieses hat damit Anteil daran, dass in den letzten 3 Jahren 100.000 Arbeitsplätze geschaffen werden konnten und die Arbeitslosenrate beinah um die Hälfte auf etwa 10 % gedrückt werden konnte.

Für Kulturschaffende ist Berlin trotz der Anhebung der Mieten immer noch eine attraktive Stadt, da sie im internationalen Vergleich immer noch bezahlbar ist und zugleich ein sehr inspirierendes und vielfältiges Umfeld für die jeweils eigenen Aktivitäten bietet. Neben Kultur, Wissenschaft und Bezahlbarkeit ist es vor allem die Geschichte, die viele anlockt. Im Guten wie im Schlechten ist Berlin ein geschichtsträchtiger Ort und pflegt die Erinnerungskultur – von den Stolpersteinen im Straßenpflaster bis hin zu zahlreichen Gedenkstätten.
Für viele Gäste war es sicherlich eine Erleichterung zu hören, dass die Zeit, in der auch an der Kultur kräftig gespart werden musste, zu Ende ist. Berlin ist, so Müller, »weg von Schließungsdebatten in der Kultur«. Zu verdanken ist dies allerdings auch der konsequenten Konsolidierungs- und Sparpolitik. Zwar war diese nicht bei allen beliebt, aber nun ermöglicht sie es, dass wieder finanzpolitische Spielräume entstehen, die für gezielte Investitionen genutzt werden können.

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So voll war’s noch nie: Die Popularität des Regierenden sorgte für ein (über)volles Haus

Nicht zuletzt gilt dies auch für die Stadtplanung, deren absehbare Zukunft vor allem durch den Wohnungsbau und den Mieterschutz bestimmt sein wird, da Berlin auch ohne Flüchtlinge im Jahr um 40.000 Einwohner wächst. Müller machte seinen Zuhörern klar, dass die Vorstellung, dass in Berlin »eigentlich ja alles gut sei«, überwunden ist. Vielmehr geht es darum, die wachsende und sich verändernde Stadt aktiv sozial zu gestalten. Er warb um Verständnis dafür, dass im Geflecht verschiedener und zum Teil widersprüchlicher, aber dennoch berechtigter Ansprüche, irgendwann einmal entschieden werden muss. Für die Politik ist das immer eine Gratwanderung, bei der es darum geht, den Interessenausgleich im Blick zu behalten.

Neben einer ganzen Reihe weiterer Themen, kam im Anschluss an die tags zuvor erfolgte Regierungserklärung auch die Flüchtlingsthematik zur Sprache. Klar formulierte der Regierende den Anspruch, dass im Rahmen seiner Ressortverantwortung, jede und jeder »konstruktiv eine Rolle spielt« und sich niemand einen »schlanken Fuß machen kann«. Gegen Skeptiker machte er leidenschaftlich klar, dass es darum geht, die Herausforderung konstruktiv, kreativ und kooperativ bewältigen und nicht über vermeintlich einfache Lösungen zu schwadronieren.
Die Gäste erlebten einen spannenden und dialogoffenen Abend – mehr kann man sich als Gastgeber nicht wünschen.
Das Charlottenburger Gespräch war Bestandteil meines Stadtteiltages am 13.11.2015.